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Mittwoch, April 10, 2013

BGH: "Bürgschaft für Mietzahlungen zur Abwendung einer Kündigung darf der Höhe nach unbegrenzt sein"

Nr. 61/2013

Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Reichweite einer Vorschrift beschäftigt, welche die Höhe einer Mietsicherheit auf das Dreifache der auf einen Monat entfallenden Miete begrenzt.

Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Bürgschaft in Anspruch. Der Bruder der Beklagten hatte vom Kläger eine Wohnung in Mannheim gemietet. Die Miete belief sich auf monatlich 350 € sowie 95 € Nebenkosten. Nachdem der Bruder der Beklagten die Mieten für Juli und August 2007 nicht gezahlt hatte, drohte ihm die Kündigung des Mietverhältnisses. Auf Bitten der Beklagten war der Kläger bereit, von der Kündigung Abstand zu nehmen und die Rückstände dem Kautionssparbuch zu entnehmen, falls ihm eine andere Sicherheit gestellt würde. Die Beklagte unterzeichnete daraufhin eine Bürgschaftserklärung, mit der sie sich für die Mietzahlungen ihres Bruders gegenüber dem Kläger verbürgte.

In der Folgezeit blieb der Bruder der Beklagten die Mieten für die Monate Oktober bis November 2007 sowie ab Oktober 2008 schuldig. Er wurde – nach der fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses durch den Kläger – zur Räumung und zur Zahlung rückständiger Miete und Nebenkosten in Höhe von 6.499,82 € nebst Zinsen verurteilt. Der Kläger verlangt von der Beklagten aufgrund der Bürgschaft die Zahlung dieser Summe und zusätzlich die darin nicht enthaltenen Mieten für die Monate August und September 2009.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten, die nur zur Zahlung von drei Monatsmieten in Höhe von insgesamt 1.050 € bereit war, zurückgewiesen.

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Vorschrift des § 551 Abs. 1 und 4 BGB*, welche die Höhe einer Mietsicherheit auf drei Monatsmieten begrenzt, keine Anwendung auf eine Sicherheit findet, die dem Vermieter von einem Dritten gewährt wird, um die dem Mieter drohende Kündigung wegen Zahlungsverzugs abzuwenden. Wäre es in einem solchen Fall verboten, eine drei Monatsmieten übersteigende Sicherheit zu vereinbaren, könnte der Vermieter keine zusätzliche Sicherheit erhalten und würde sich daher zu einer fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses wegen des eingetretenen Zahlungsverzugs veranlasst sehen. Damit würde die Begrenzung der Mietsicherheit, die eigentlich dem Schutz des Mieters dienen soll, die Beendigung des Mietverhältnisses herbeiführen und sich zum Nachteil des Mieters auswirken.

*§ 551 BGB: Begrenzung und Anlage von Mietsicherheiten

(1) Hat der Mieter dem Vermieter für die Erfüllung seiner Pflichten Sicherheit zu leisten, so darf diese vorbehaltlich des Absatzes 3 Satz 4 höchstens das Dreifache der auf einen Monat entfallenden Miete ohne die als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten betragen.



(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

Urteil vom 10. April 2013 VIII ZR 379/12
LG Mannheim - Urteil vom 23. September 2011 – 8 O 105/10
OLG Karlsruhe - Urteil vom 4. April 2012 – 15 U 138/11
Karlsruhe, den 10. April 2013

Mittwoch, Juni 01, 2005

BGH: Mietrückstände im Urkundenprozess

BGH-Pressemitteilung  Nr. 81/2005
Klage auf rückständige Wohnraummiete im Urkundenprozeß zulässig

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, daß der Vermieter von Wohnraum rückständige Miete im Urkundenprozeß geltend machen kann, auch wenn der Mieter Mängel der Wohnung einwendet.
Die Parteien schlossen einen schriftlichen Mietvertrag über eine 4-Zimmer-Wohnung zu einer monatlichen Miete in Höhe von 660 €. Für November 2003 zahlte er unter Berufung auf eine Gegenforderung lediglich 169,80 €. Den Differenzbetrag von 490,20 € hat der Vermieter unter Vorlage des Mietvertrags im Urkundenprozeß eingeklagt. Der Mieter hat demgegenüber Mängel der Wohnung geltend gemacht, die er jedoch nicht mit den im Urkundenprozeß zulässigen Beweismitteln (Urkundenbeweis und Parteivernehmung) belegen konnte. Die Vorinstanzen haben die Klage als im Urkundenprozeß unstatthaft abgewiesen. Auf die Revision des Vermieters hat der Bundesgerichtshof den Mieter zur Zahlung der rückständigen Miete verurteilt und ihm die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten.
Gemäß § 592 Satz 1 ZPO kann ein Anspruch auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme im Urkundenprozeß geltend gemacht werden, wenn sämtliche zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen durch Urkunden bewiesen werden können. Erhebt der Prozeßgegner Einwendungen gegen die Klageforderung, muß er die zugrunde liegenden Tatsachen, soweit sie streitig sind, gemäß § 595 Abs. 2 ZPO durch Urkunden oder durch Parteivernehmung beweisen. Gelingt ihm dies nicht, ist der Klage durch Vorbehaltsurteil zunächst stattzugeben; dem Beklagten ist die Ausführung seiner Rechte vorzubehalten. Im sogenannten Nachverfahren muß sodann mit allen im Zivilprozeß zugelassenen Beweismitteln festgestellt werden, ob die Einwendungen des Beklagten berechtigt sind. Ist dies der Fall, wird das Vorbehaltsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Kläger ist in diesem Fall auch ohne Verschulden zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Vorbehaltsurteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist.
Der VIII. Zivilsenat hat entschieden, daß die durch § 592 Satz 1 ZPO grundsätzlich jedem Gläubiger einer Geldschuld eingeräumte Befugnis, im Urkundenprozeß einen vorläufigen Titel gegen den Schuldner zu erlangen, auch dem Vermieter von Wohnraum zusteht, der unter Vorlage des Mietvertrags rückständige Miete geltend macht. Zwar wird nach § 536 Abs. 1 BGB bei Mängeln der Mietsache die geschuldete Miete automatisch von Gesetzes wegen gemindert. Jedoch gehört die Mangelfreiheit der Mietsache nicht zu den zur Begründung des Anspruchs auf Miete erforderlichen Tatsachen. Gemäß § 536 Abs. 1 BGB sind Mängel vom Mieter darzulegen und zu beweisen, wenn er die Mietsache übernommen hat. Der Inanspruchnahme des Urkundenprozesses steht auch nicht entgegen, daß rechtsgeschäftliche Vereinbarungen, die die gesetzlich eintretende Mietminderung zum Nachteil des Mieters ausschließen oder einschränken, bei Wohnraummietverhältnissen gemäß § 536 Abs. 4 BGB unwirksam sind. Zwar hat der Urkundenprozeß zur Folge, daß der Mieter, der die von ihm geltend gemachten Mängel regelmäßig wie auch im zur Entscheidung stehenden Fall nicht mit den im Urkundenprozeß zugelassenen Beweismitteln nachweisen kann, zunächst durch Vorbehaltsurteil zur Zahlung der Miete verurteilt wird und daß erst im Nachverfahren über das Vorliegen von Mängeln und eine sich daraus ergebende Mietminderung entschieden wird. Der Bundesgerichtshof hat jedoch ausgeführt, daß der Mieter den Nachteilen, die ihm durch eine Vollstreckung aus dem Vorbehaltsurteil möglicherweise entstehen, weitgehend durch die Schutzanordnungen der Zivilprozeßordnung begegnen kann und daß er zudem durch eine verschuldensunabhängige Haftung des Vermieters abgesichert ist. Diese Nachteile sind daher im wesentlichen vorläufiger Natur und nicht zu vergleichen mit einer Beeinträchtigung seiner Rechtsstellung, die ihm durch eine nach § 536 Abs. 4 BGB unzulässige rechtsgeschäftliche Vereinbarung droht. Das materielle Mietrecht rechtfertigt es deshalb nicht, die prozessualen Befugnisse des Vermieters aus § 592 Satz 1 ZPO entgegen dem umfassenden Wortlaut der Vorschrift einzuschränken. Der Bundesgerichtshof hat den Rechtsstreit zur Durchführung des Nachverfahrens an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Urteil vom 1. Juni 2005 VIII ZR 216/04
AG Jever 5 C 888/03 ./. LG Oldenburg 10 S 209/04
Karlsruhe, den 1. Juni 2005

Mittwoch, Februar 16, 2005

BGH: Kündigungsrecht

BGH-Pressemitteilung  Nr. 27/2005
Kündigung des Vermieters wegen Zahlungsverzugs des Mieters

Der u.a. für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat zu der Frage Stellung genommen, inwieweit ein Mieter, dem der Vermieter wegen Zahlungsverzugs gekündigt hat, dem Räumungsverlangen die nachträgliche Begleichung der Mietrückstände entgegenhalten kann.
Die beklagte Mieterin war mit der geschuldeten Miete in Zahlungsrückstand geraten. Daraufhin hatte die Vermieterin das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß gekündigt und auf Räumung und Herausgabe geklagt. Während des Prozesses zahlte das für die Beklagte zuständige Sozialamt die rückständige Miete. Damit wurde die fristlose Kündigung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB, dessen sonstige Voraussetzungen vorlagen, unwirksam. Die Klägerin hatte das Mietverhältnis wegen des Zahlungsrückstands jedoch vorsorglich auch nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB fristgemäß gekündigt. Nach dieser Bestimmung hat der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der fristgemäßen Beendigung des Mietverhältnisses, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten – hier seine Hauptpflicht zur Zahlung der Miete – schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Ob der nachträgliche Ausgleich des Mietrückstands auch die Wirkungen einer auf Zahlungsverzug gestützten ordentlichen (fristgemäßen) Kündigung entfallen läßt, ist umstritten. Amtsgericht und Landgericht haben dies angenommen und die Klage der Vermieterin daher abgewiesen.
Der Bundesgerichtshof hat auf die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin das angefochtene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Er hat entschieden, daß ein nachträglicher Ausgleich der Zahlungsrückstände innerhalb zweier Monate nach Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs zwar die fristlose Kündigung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB unwirksam werden läßt, nicht dagegen ohne weiteres auch die hilfsweise ausgesprochene fristgemäße Kündigung. Eine dem § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB nachgebildete Vorschrift fehlt bei den Bestimmungen über die fristgemäße Kündigung. Der Senat weist darauf hin, daß die Vorschriften über die fristlose Kündigung einerseits und über die ordentliche Kündigung andererseits erhebliche Unterschiede aufweisen. Voraussetzung einer ordentlichen Kündigung ist stets eine nicht unerhebliche schuldhafte Pflichtverletzung des Mieters. Der ordentlichen Kündigung gegenüber kann sich der Mieter – anders als bei der fristlosen Kündigung – auf eine unverschuldete Zahlungsunfähigkeit infolge unvorhergesehener wirtschaftlicher Engpässe berufen; auch kann die nachträgliche Zahlung sein etwaiges Fehlverhalten in einem milderen Licht erscheinen lassen.
Eine abschließende Entscheidung war dem Bundesgerichtshof jedoch nicht möglich. Der Senat hat das angefochtene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dort wird zu prüfen sein, aus welchen Gründen die Beklagte mit der Zahlung der Miete in Rückstand geraten und ob danach der aufgelaufene Zahlungsrückstand als eine von ihr verschuldete Pflichtverletzung zu werten ist.

Urteil vom 16. Februar 2005 – VIII ZR 6/04
(AG Schöneberg – 16 C 582/02 / LG Berlin – 65 S 172/03 )
Karlsruhe, den 16. Februar 2005
Pressestelle des Bundesgerichtshof