Freitag, Oktober 21, 2005

Erste Solarsiedlung Deutschlands eröffnet

Freiburg im Breisgau (Deutschland), 21.10.2005 – Im Baden-Württembergischen Freiburg wurde heute nach fünfjähriger Bauzeit die erste Solarsiedlung Deutschlands in Betrieb genommen.

Seit dem Baubeginn im Jahr 1999 haben ein Freiburger Architekt und die beiden Inhaber einer bekannten Böblinger Schokoladenfabrik mehr als 50 Häuser erstellt. Zusätzlich wurde ein großes Dienstleistungszentrum in die Siedlung integriert. Dort sind Geschäfte und Büros untergebracht. Das 40 Millionen Euro teure Projekt dehnt sich auf einer Fläche von 6.000 Quadratmetern aus.

Die gesamte Anlage produziert mehr Energie, als benötigt wird. Dies ermöglichen die Sonnenkollektoren auf den Dächern der Häuser. Der gesamte Bau wurde mit Techniken der so genannten „passiven Wärmenutzung“ erstellt. Nach Angaben der Bauherren sei das Vorhaben unter Berücksichtigung von Ökologie und Ökonomie ein wirtschaftlicher Erfolg. Bereits jetzt zur Fertigstellung seien mehr als 80 Prozent der Gebäudeflächen vermietet worden.

Auch das Land Baden-Württemberg würdigte die Fertigstellung der Anlage. Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) wies auf die Bedeutung des Projektes im Hinblick auf erneuerbare Energien hin. Sie erhofft sich eine über die Landesgrenzen hinausgehende Signalwirkung. Laut Gönner nehme das Bundesland bereits jetzt eine führende Stellung direkt nach Bayern bei der Errichtung energiesparender Bauprojekte ein. Die Nutzung der vorhandenen Sonnenenergie sei sehr weit fortgeschritten. +wikipedia+

Mittwoch, Juli 20, 2005

BGH: Kabel-TV statt Digital-TV

Nr. 107/2005
Bundesgerichtshof zur Duldungspflicht des Mieters für Arbeiten zum Anschluß der Wohnung an ein rückkanalfähiges Breitbandkabelnetz (im Empfangsbereich des terrestrischen Digitalfernsehens in Berlin)

Der unter anderem für das Wohnungsmietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, daß der vom Vermieter beabsichtigte Anschluß einer Wohnanlage an ein rückkanalfähiges Breitbandkabelnetz auch im Empfangsbereich des in Berlin zu empfangenden terrestrischen Digitalfernsehens (DVB-T) weiterhin eine Verbesserung der Mietsache im Sinne des § 554 Abs. 2 Satz 1 BGB darstellt und die dafür erforderlichen Arbeiten deshalb vom Mieter zu dulden sind.

Die Klägerin ist Eigentümerin einer 66 Einheiten umfassenden Wohnanlage in Berlin; die Beklagte hat dort eine Wohnung gemietet. Die Wohnanlage war ursprünglich an eine Gemeinschaftsantenne zum Empfang von Fernsehprogrammen angeschlossen. Nachdem ab 1. November 2002 das sogenannte terrestrische Digitalfernsehen (DVB-T) in Berlin eingeführt und im Zuge dieser Umstellung der analoge Empfang von Fernsehprogrammen eingestellt worden war, installierte die Klägerin zur vor-übergehenden Sicherung des Fernsehempfangs eine Satellitenanlage, mit der wie bei der vorherigen Gemeinschaftsantenne lediglich fünf Fernsehprogramme empfangen werden können.
Die Klägerin beabsichtigt den Anschluß der gesamten Wohnanlage an ein rückkanalfähiges Breitbandkabelnetz. Sie erbat die Zustimmung der Mieter zur Durchführung der dafür erforderlichen Arbeiten. Die Beklagte verweigerte ihre Zustimmung mit der Begründung, daß seit Einführung des Digitalfernsehens in Berlin der Fernsehempfang hier in gleicher Qualität, jedoch preiswerter mit einer Set-Top-Box möglich sei.
Die Klägerin hat daraufhin die Verurteilung der Beklagten zur Duldung der für den Kabelanschluß in der Wohnung der Beklagten erforderlichen Arbeiten begehrt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die vom Amtsgericht zugelassene Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Auf die vom Berufungsgericht zugelassene Revision hat der Bundesgerichtshof das Urteil des Landgerichts mit der Begründung aufgehoben, daß ein Anspruch der Klägerin auf Duldung der für den Kabelanschluß erforderlichen Arbeiten nicht aus den vom Berufungsgericht dargelegten Gründen verneint werden könne.
Nach § 554 Abs. 2 Satz 1 BGB hat der Mieter Maßnahmen zur Verbesserung der Mietsache zu dulden. Ob eine Maßnahme zur Verbesserung der gemieteten Räume vorliegt, ist objektiv, das heißt nicht nach der Wertung des derzeitigen Mieters zu bestimmen; entscheidend ist, ob der Maßnahme nach der Verkehrsanschauung eine Wohnwertverbesserung zugemessen wird, so daß der Vermieter damit rechnen kann, daß die Wohnung von künftigen Mietinteressenten eher angemietet werden wird als eine vergleichbare Wohnung, bei der die Maßnahme nicht durchgeführt worden ist.

Der Auffassung des Berufungsgerichts, daß im Hinblick auf das in Berlin mit entsprechender Antenne und Set-Top-Box frei empfangbare Digitalfernsehen eine Wohnwertverbesserung durch einen rückkanalfähigen Breitbandkabelanschluß „noch nicht“ gegeben sei, weil nach der Verkehrsanschauung nicht angenommen werden könne, daß die weitergehenden Nutzungsmöglichkeiten, die das Breitbandkabelnetz gegenüber dem Digitalfernsehen biete, bereits einen durchschnittlichen Standard darstellten oder von einer ins Gewicht fallenden Zahl von Mietern nachgefragt würden, ist der Senat nicht gefolgt.
Er hat hierzu ausgeführt, daß der Vermieter, der eine Modernisierung beabsichtigt, nicht darauf beschränkt ist, die Wohnung nur auf den durchschnittlichen Standard des gegenwärtigen Wohnungsmarkts anzuheben.

Ein Vermieter darf die Attraktivität seiner Wohnungen auch durch eine überdurchschnittliche Ausstattung erhöhen, selbst wenn die Nachfrage danach noch verhältnismäßig gering sein mag. Eine nicht gegen den Willen des Mieters durchsetzbare "Luxusmodernisierung“ liegt bei einem Kabelanschluß jedenfalls nicht vor.

Soweit das Berufungsgericht gemeint hat, daß die weitergehenden Nutzungsmöglichkeiten des Breitbandkabelnetzes gegenüber dem terrestrischen Digitalfernsehen nicht von einer ins Gewicht fallenden Anzahl von Mietern nachgefragt würden, hat es bei dem von ihm angestellten Vergleich wesentliche Umstände nicht berücksichtigt.

Nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt sind nach dem gegenwärtigen Entwicklungsstand über das Breitbandkabelnetz im Gegensatz zum Digitalfernsehen zusätzlich etwa 30 Hörfunkprogramme in Stereoqualität zu empfangen. Hinzu kommen zu den 34 analogen Fernsehprogrammen des Kabelnetzes, denen 27 Fernsehprogramme des Digitalfernsehens gegenüberstehen, etwa 60 weitere über das Kabelnetz mit Hilfe eines Decoders digital zu empfangende in- und ausländische Fernsehprogramme sowie die zukünftige Möglichkeit interaktiver Mediennutzung.
Insoweit hat das Berufungsgericht insbesondere nicht berücksichtigt, daß zu den 60 digitalen Zusatzprogrammen des Kabelnetzes zahlreiche ausländische Fernsehprogramme gehören.

Angesichts des Ausländeranteils der Berliner Bevölkerung und der darauf beruhenden Nachfrage nach ausländischen Fernsehprogrammen, die auch in zahlreichen Rechtsstreitigkeiten über die Aufstellung von Parabolantennen zum Empfang ausländischer Fernsehprogramme zum Ausdruck kommt, hat der Senat die Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu teilen vermocht, daß der Anschluß an das Breitbandkabelnetz, das ausländische Programme in erheblicher Anzahl zur Verfügung stellt und insoweit die zusätzliche Aufstellung von Parabolantennen entbehrlich macht, gegenüber dem Digitalfernsehen, das diese Möglichkeit zur Zeit nicht bietet, nicht von wesentlichem Vorteil sei.

Da somit der von der Klägerin beabsichtigte Anschluß der Wohnanlage an das rückkanalfähige Breitbandkabelnetz nach dem gegenwärtigen Stand der technischen Entwicklung als Maßnahme zur Verbesserung der Mietsache anzusehen ist, erstreckt sich die grundsätzlich bestehende Duldungspflicht der Beklagten nicht nur auf die Arbeiten, die für den Anschluß der von ihr gemieteten Wohnung an das Breitbandkabelnetz erforderlich sind, sondern ebenso auf die Verlegung der Kabel durch die Wohnung der Beklagten in die darüberliegende Wohnung, um deren Anschluß an das Breitbandkabelnetz zu ermöglichen.

Der Senat hat jedoch den Rechtsstreit nicht abschließend entschieden, sondern an das Berufungsgericht zurückverwiesen, weil das Berufungsgericht von seinem Standpunkt aus folgerichtig bislang nicht geprüft hat, ob die Duldungspflicht der Beklagten aufgrund der Härteklausel des § 554 Abs. 2 Satz 2 bis 4 BGB ausnahmsweise ausgeschlossen ist.

Urteil vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 253/04
AG Schöneberg 106 C 540/03 ./. LG Berlin 63 S 49/04
Karlsruhe, den 20. Juli 2005
Pressestelle des Bundesgerichtshof

Mittwoch, Juli 06, 2005

Dresdener WOBA soll verkauft werden - Mieter verbittert

Dresden (Deutschland), 06.07.2005 – Gestern fanden sich im Dresdener Rathaus etwa 200 Bürger der Stadt ein, um sich über den umstrittenen Beschluss des Stadtrats zum Verkauf des städtischen Wohnungsunternehmens WOBA zu informieren und um ihren Missmut über den Ablauf und die Hintergründe sowie die Problematik aus der eigenen Sicht zum Ausdruck zu bringen.

Die WOBA Dresden GmbH besteht seit 2004 aus der „Südost WOBA Dresden GmbH“, der „Wohnbau Nordwest GmbH“, der „STESAD GmbH“ und der „STESAD Immobilien GmbH“ und verfügt über einen Immobilienbestand von über 47.000 Wohnungen. Im Zuge der deutschen Einheit haben die Wohnungsbaugesellschaften, die durch den Stadtrat die Entscheidungsgewalt ausüben, den volkseigenen Wohnraum zur Verwaltung übernommen und bestimmen auch über dessen Veräußerung.

Der Stadtrat hat letzte Woche in einem Beschluss mit 40 zu 23 Stimmen für den Verkauf gestimmt. Die Sitzung verlief laut einiger anwesender Bürger in einer sehr undisziplinierten Art und Weise. Die Besucher der Informationsveranstaltung bemängeln die Schnelligkeit des Verfahrens und vermuten unzureichende Struktur und Weitsicht hinter dem Verkauf der Wohngebäude. In der Folge wird von Verletzungen der städtischen Pflichten bezüglich eines mietergerechten Wohnens ausgegangen, da zukünftige Käufer nur mit Profitgedanken in den Kauf gehen werden und eine längere Haltung der Immobilien von Vornherein nicht anstreben.

Bei der öffentlichen Veranstaltung, organisiert von der Partei Bündnis 90/Die Grünen, wurden noch weitere Missstände angesprochen. Die Stadt und deren Organe seien ihrer Pflicht, sich um das Wohlbefinden der Bürger zu kümmern, nicht nachgekommen. Die Anwesenden fühlten sich schlecht informiert, hintergangen und betrogen. Von den Befürwortern des Verkaufs war trotz einer breiten Einladungsversendung kein Vertreter anwesend, um den Fragenden die Gründe oder weiterführende Gedanken zum Verkauf der kommunalen Wohnungen zu nennen.

Der Oberbürgermeister der Stadt Ingolf Roßberg kam der Einladung ebenfalls nicht nach und steht dadurch in starker Kritik. Die Besucher mahnten den Bruch von mehreren Wahlversprechen an und planen in den kommenden Tagen durch ein Aktionsbündnis ihren Wünschen Ausdruck zu verleihen und die Entscheidung anzufechten. +wikinews+

Mittwoch, Juni 01, 2005

BGH: Mietrückstände im Urkundenprozess

BGH-Pressemitteilung  Nr. 81/2005
Klage auf rückständige Wohnraummiete im Urkundenprozeß zulässig

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, daß der Vermieter von Wohnraum rückständige Miete im Urkundenprozeß geltend machen kann, auch wenn der Mieter Mängel der Wohnung einwendet.
Die Parteien schlossen einen schriftlichen Mietvertrag über eine 4-Zimmer-Wohnung zu einer monatlichen Miete in Höhe von 660 €. Für November 2003 zahlte er unter Berufung auf eine Gegenforderung lediglich 169,80 €. Den Differenzbetrag von 490,20 € hat der Vermieter unter Vorlage des Mietvertrags im Urkundenprozeß eingeklagt. Der Mieter hat demgegenüber Mängel der Wohnung geltend gemacht, die er jedoch nicht mit den im Urkundenprozeß zulässigen Beweismitteln (Urkundenbeweis und Parteivernehmung) belegen konnte. Die Vorinstanzen haben die Klage als im Urkundenprozeß unstatthaft abgewiesen. Auf die Revision des Vermieters hat der Bundesgerichtshof den Mieter zur Zahlung der rückständigen Miete verurteilt und ihm die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten.
Gemäß § 592 Satz 1 ZPO kann ein Anspruch auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme im Urkundenprozeß geltend gemacht werden, wenn sämtliche zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen durch Urkunden bewiesen werden können. Erhebt der Prozeßgegner Einwendungen gegen die Klageforderung, muß er die zugrunde liegenden Tatsachen, soweit sie streitig sind, gemäß § 595 Abs. 2 ZPO durch Urkunden oder durch Parteivernehmung beweisen. Gelingt ihm dies nicht, ist der Klage durch Vorbehaltsurteil zunächst stattzugeben; dem Beklagten ist die Ausführung seiner Rechte vorzubehalten. Im sogenannten Nachverfahren muß sodann mit allen im Zivilprozeß zugelassenen Beweismitteln festgestellt werden, ob die Einwendungen des Beklagten berechtigt sind. Ist dies der Fall, wird das Vorbehaltsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Kläger ist in diesem Fall auch ohne Verschulden zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Vorbehaltsurteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist.
Der VIII. Zivilsenat hat entschieden, daß die durch § 592 Satz 1 ZPO grundsätzlich jedem Gläubiger einer Geldschuld eingeräumte Befugnis, im Urkundenprozeß einen vorläufigen Titel gegen den Schuldner zu erlangen, auch dem Vermieter von Wohnraum zusteht, der unter Vorlage des Mietvertrags rückständige Miete geltend macht. Zwar wird nach § 536 Abs. 1 BGB bei Mängeln der Mietsache die geschuldete Miete automatisch von Gesetzes wegen gemindert. Jedoch gehört die Mangelfreiheit der Mietsache nicht zu den zur Begründung des Anspruchs auf Miete erforderlichen Tatsachen. Gemäß § 536 Abs. 1 BGB sind Mängel vom Mieter darzulegen und zu beweisen, wenn er die Mietsache übernommen hat. Der Inanspruchnahme des Urkundenprozesses steht auch nicht entgegen, daß rechtsgeschäftliche Vereinbarungen, die die gesetzlich eintretende Mietminderung zum Nachteil des Mieters ausschließen oder einschränken, bei Wohnraummietverhältnissen gemäß § 536 Abs. 4 BGB unwirksam sind. Zwar hat der Urkundenprozeß zur Folge, daß der Mieter, der die von ihm geltend gemachten Mängel regelmäßig wie auch im zur Entscheidung stehenden Fall nicht mit den im Urkundenprozeß zugelassenen Beweismitteln nachweisen kann, zunächst durch Vorbehaltsurteil zur Zahlung der Miete verurteilt wird und daß erst im Nachverfahren über das Vorliegen von Mängeln und eine sich daraus ergebende Mietminderung entschieden wird. Der Bundesgerichtshof hat jedoch ausgeführt, daß der Mieter den Nachteilen, die ihm durch eine Vollstreckung aus dem Vorbehaltsurteil möglicherweise entstehen, weitgehend durch die Schutzanordnungen der Zivilprozeßordnung begegnen kann und daß er zudem durch eine verschuldensunabhängige Haftung des Vermieters abgesichert ist. Diese Nachteile sind daher im wesentlichen vorläufiger Natur und nicht zu vergleichen mit einer Beeinträchtigung seiner Rechtsstellung, die ihm durch eine nach § 536 Abs. 4 BGB unzulässige rechtsgeschäftliche Vereinbarung droht. Das materielle Mietrecht rechtfertigt es deshalb nicht, die prozessualen Befugnisse des Vermieters aus § 592 Satz 1 ZPO entgegen dem umfassenden Wortlaut der Vorschrift einzuschränken. Der Bundesgerichtshof hat den Rechtsstreit zur Durchführung des Nachverfahrens an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Urteil vom 1. Juni 2005 VIII ZR 216/04
AG Jever 5 C 888/03 ./. LG Oldenburg 10 S 209/04
Karlsruhe, den 1. Juni 2005

Mittwoch, Mai 18, 2005

BGH: Eigenbedarfskündigung und Schadensersatz

Nr. 75/2005
Zur Darlegungs- und Beweislast im Schadensersatzprozeß des
Mieters wegen unberechtigter Eigenbedarfskündigung


Die Kläger waren Mieter einer Wohnung im Erdgeschoß eines Hauses in Mannheim, das ursprünglich im Eigentum der Eltern der Klägerin zu 2 und des Beklagten stand. Seit Herbst 1998 ist der Beklagte, der die im gleichen Haus gelegene Souterrainwohnung bewohnt, Eigentümer des Hausgrundstücks. Im Dezember 1998 kündigte der Beklagte das mit den Klägern bestehende Mietverhältnis zum 31. Dezember 1999 mit der Begründung, er wolle "in die größere, hellere und trockenere Wohnung im Erdgeschoß einziehen". Die Kläger räumten die Wohnung und mieteten eine andere Wohnung zu einem höheren Mietzins. In der folgenden Zeit nahm der Beklagte in der Erdgeschoßwohnung Sanierungsarbeiten vor, die sich bis in das Jahr 2002 hinzogen. Nachdem er geheiratet hatte, vermietete er die Erdgeschoßwohnung Mitte des Jahres 2002 anderweitig. Er lebt mit seiner Ehefrau in der durch Umbau vergrößerten Souterrainwohnung.

Die Kläger haben Schadensersatz wegen Umzugskosten und wegen der Differenz zwischen der ursprünglichen und der in der neuen Wohnung gezahlten Miete verlangt sowie die Feststellung begehrt, daß der Beklagte verpflichtet ist, auch den künftig infolge der Kündigung entstehenden Schaden zu ersetzen. Sie haben vorgetragen, der Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, die Erdgeschoßwohnung selbst zu nutzen. Der Beklagte hat vorgetragen, er habe sich erst zu Beginn des Jahres 2002 entschlossen, seine Lebensgefährtin zu heiraten und die Souterrainwohnung zur gemeinsamen Ehewohnung auszubauen, weil die Erdgeschoßwohnung als Familienwohnung zu klein sei.

Die Klage hatte in den Vorinstanzen überwiegend Erfolg. Die vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision des Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, weil es weiterer Feststellungen zu der Frage bedarf, ob der von dem Beklagten mit der Kündigung geltend gemachte Eigenbedarf vorgeschoben war.

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat seine Rechtsprechung bestätigt, daß ein Vermieter, der schuldhaft eine Kündigung ausspricht, die wegen eines fehlenden Kündigungsgrundes unwirksam ist, dem Mieter zum Schadensersatz verpflichtet ist. Nicht gefolgt ist der Bundesgerichtshof der Auffassung des Berufungsgerichts, daß der Vermieter für das Vorliegen seines mit der Kündigung behaupteten Selbstnutzungswillens die Darlegungs- und Beweislast trage.

Grundsätzlich hat derjenige, der aus einer ihm günstigen Norm Rechte herleitet, deren tatsächliche Voraussetzungen darzulegen und zu beweisen. Diese Verteilung der Beweislast gilt auch für den Schadensersatzanspruch, den der Mieter gegen den früheren Vermieter wegen einer unberechtigten Eigenbedarfskündigung geltend macht. Eine sachliche Rechtfertigung dafür, bei diesem Anspruch von dem allgemeinen Grundsatz der Beweislastverteilung abzuweichen, ist, wie der Bundesgerichtshof im einzelnen ausgeführt hat, nicht gegeben. Der Mieter wird dadurch, daß ihm der Beweis für den fehlenden Selbstnutzungswillen des Vermieters auferlegt wird, nicht in unbilliger Weise belastet. Denn der Vermieter darf sich im Prozeß nicht darauf beschränken, die Behauptung des Mieters, daß der Kündigung ein Selbstnutzungswille des Vermieters nicht zugrunde gelegen habe, schlicht zu bestreiten. Setzt der Vermieter den mit der Kündigung behaupteten Selbstnutzungswillen nach dem Auszug des Mieters nicht in die Tat um, so liegt der Verdacht nahe, daß der Eigenbedarf als Kündigungsgrund nur vorgeschoben war. Unter diesen Umständen ist es dem Vermieter zuzumuten, substantiiert und plausibel darzulegen, aus welchem Grund der mit der Kündigung geltend gemachte Eigenbedarf nachträglich entfallen sein soll. Erst wenn der Vortrag des Vermieters dem genügt, obliegt dem Mieter der Beweis, daß ein Selbstnutzungswille des Vermieters schon vorher nicht bestanden hatte.

Daß der Beklagte seinen ursprünglichen Selbstnutzungswillen und die tatsächlichen Gründe für dessen spätere Aufgabe substantiiert und plausibel dargelegt hat, war für das Revisionsverfahren zu unterstellen. Daher ist es nun Sache der Kläger, ihre anspruchsbegründende Behauptung, der Beklagte habe von Anfang an nicht beabsichtigt, in die von ihnen gemietete Wohnung einzuziehen, zu beweisen. Die Kläger haben für ihr Vorbringen auch Zeugenbeweis angetreten.

Das Vorbringen der Kläger war nicht bereits aufgrund eines Beweises des ersten Anscheins als erwiesen anzusehen. Der Bundesgerichtshof hat offengelassen, ob unter bestimmten Voraussetzungen ein Anscheinsbeweis zugunsten des Mieters dafür sprechen kann, daß ein Eigenbedarf schon ursprünglich nicht bestand, wenn der mit der Kündigung behauptete Eigenbedarf nicht verwirklicht wird. Im vorliegenden Fall waren die Voraussetzungen für einen Beweis des ersten Anscheins jedenfalls nicht erfüllt, weil allein der große zeitliche Abstand zwischen der Räumung der Wohnung und deren erneuter Vermietung es nicht als hinreichend naheliegend erscheinen läßt, daß sich der Beklagte bereits vor dem Auszug der Kläger zur Neuvermietung der Wohnung entschlossen hatte.

Urteil vom 18. Mai 2005 - VIII ZR 368/03
AG Mannheim - 17 C 423/02 ./. LG Mannheim - 4 S 23/03
Karlsruhe, den 18. Mai 2005
Pressestelle des Bundesgerichtshof

Mittwoch, Mai 04, 2005

BGH: Mieterhöhung und Verzug

BGH-Pressemitteilung Nr. 70/2005
Kein rückwirkender Verzug des Mieters mit der Zahlung von Mieterhöhungsbeträgen

Der u. a. für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, daß der Mieter nicht rückwirkend mit der Zahlung von Mieterhöhungsbeträgen in Verzug gerät, wenn er dazu verurteilt wird, einem Mieterhöhungsverlangen des Vermieters für Zeiträume zuzustimmen, die vor Rechtskraft des Zustimmungsurteils liegen.
Die Klägerin hatte von den beklagten Mietern ihrer Wohnung im Februar 2001 die Zustimmung zu einer Erhöhung der Kaltmiete verlangt. Da die Beklagten ihr Einverständnis mit der Mieterhöhung verweigerten, erwirkte die Klägerin ein rechtskräftiges Urteil vom 20. Dezember 2002, durch das die Beklagten verurteilt wurden, einer Erhöhung der Miete um 55,22 € im Monat ab dem 1. Mai 2001 zuzustimmen. Sie zahlten die Erhöhungsbeträge für die Zeit bis einschließlich Januar 2003 am 5. Februar 2003. Die Klägerin hat die Zahlung von Verzugszinsen aus den monatlichen Erhöhungsbeträgen für die Zeit vom 1. Mai 2001 bis 4. Februar 2003, insgesamt 81,55 €, begehrt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen; das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt.
Der Bundesgerichtshof hat auf die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten das amtsgerichtliche Urteil wiederhergestellt. Nach seiner heutigen Entscheidung hat zwar der Mieter, der dazu verurteilt wird, einer vom Vermieter verlangten Mieterhöhung zuzustimmen, die Erhöhungsbeträge gemäß § 558b Abs. 1 BGB für die Zeit ab dem Beginn des dritten Kalendermonats nach dem Zugang des Erhöhungsverlangens zu zahlen. Jedoch wird diese Schuld erst in dem Zeitpunkt fällig, in dem das Zustimmungsurteil rechtskräftig wird. Die Verpflichtung des Mieters zur Zahlung einer erhöhten Miete setzt nach dem Willen des Gesetzgebers eine entsprechende Änderung des Mietvertrags voraus. Diese tritt - wenn der Mieter der Änderung nicht freiwillig zustimmt - erst mit Rechtskraft des Zustimmungsurteils ein, infolge derer sein Einverständnis mit der Vertragsänderung gemäß § 894 ZPO als erklärt gilt. Der Gesetzgeber hat keine Rückwirkung der Änderung auf den Beginn des Zeitraums angeordnet, für den der Mieter die erhöhte Miete schuldet. Deshalb kann der Mieter auch nicht rückwirkend mit der Zahlung der Erhöhungsbeträge in Verzug geraten und der Vermieter nicht rückwirkend gemäß § 288 BGB Verzugszinsen aus den Erhöhungsbeträgen verlangen.
Der Vermieter kann den Mieter allerdings bereits vor Rechtskraft des Zustimmungsurteils durch eine Mahnung nach § 286 Abs. 1 BGB in Verzug mit der Zustimmung zu der von ihm verlangten Mieterhöhung setzen. Dadurch erlangt der Vermieter zwar keinen Anspruch auf Verzugszinsen nach § 288 BGB, weil diese Vorschrift eine Geldschuld voraussetzt und auf eine Verpflichtung zur Abgabe einer Willenserklärung keine Anwendung findet. Der Vermieter kann jedoch in diesem Fall nach § 280 Abs. 1 und 2 BGB Ersatz des Schadens verlangen, der ihm durch eine vom Mieter zu vertretende Verzögerung der Zustimmung entsteht. Dieser Schaden kann auch in einem Zinsverlust bestehen, den der Vermieter aber im Prozeß konkret darlegen muß. Das war im zur Entscheidung stehenden Fall nicht geschehen, so daß offen bleiben konnte, ob die Beklagten mit der Zustimmung zur Mieterhöhung in Verzug waren.

Urteil vom 4. Mai 2005 – VIII ZR 94/04
AG Hannover – 523 C 2558/03 ./. LG Hannover 8 S 78/03
Karlsruhe, den 4. Mai 2005
Pressestelle des Bundesgerichtshof

Mittwoch, April 27, 2005

BGH: Samstag und Fristen

BGH-Pressemitteilung  Nr. 65/2005
Zur Frage, ob der Sonnabend bei der Berechnung der Kündigungsfrist eines Wohnraummietverhältnisses als Werktag mitzuzählen ist

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, daß der Sonnabend bei der Berechnung der sogenannten Karenzzeit von drei Werktagen, die den Parteien eines Wohnraummietvertrags zur Wahrung der Kündigungsfrist zusteht, mitzuzählen ist, weil er ein Werktag im Sinne der gesetzlichen Regelung ist.
Die Klägerin war Mieterin einer Wohnung der Beklagten in Rendsburg. Der Mietvertrag vom 22. Juni 2000 enthielt die Regelung, daß sich das zunächst bis zum 31. August 2001 befristete Mietverhältnis jeweils um ein Jahr verlängert, wenn es nicht unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten spätestens am dritten Werktag des ersten Monats der Frist schriftlich gekündigt wird. Mit Schreiben vom 3. Juni 2002 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis. Das Schreiben ging am 5. Juni 2002, einem Mittwoch, bei der Beklagten ein. Die Klägerin räumte die Wohnung zum 31. August 2002; sie zahlte jedoch im Hinblick auf ein Schreiben der Beklagten, in dem die Kündigung erst zum 31. August 2003 bestätigt wurde, die Miete bis Januar 2003.
Die Klägerin hat mit ihrer Klage die Rückzahlung der seit September 2002 an die Beklagte gezahlten Miete begehrt, insgesamt 3.311,59 € nebst Zinsen. Die Klage war in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Ein Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung der seit September 2002 gezahlten Miete gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB hätte der Klägerin nur zugestanden, wenn ihre Kündigung das Mietverhältnis das sich nach der vertraglichen Regelung jeweils um ein Jahr verlängerte, wenn es nicht gekündigt wurde bereits mit Wirkung zum 31. August 2002 beendet hätte. Dies war jedoch nicht der Fall. Das Kündigungsschreiben der Klägerin ist nicht spätestens am dritten Werktag des Monats Juni 2002 bei der Beklagten eingegangen, wie es für eine fristgerechte Kündigung erforderlich gewesen wäre.
Nach der gesetzlichen Regelung in § 565 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. (nunmehr § 573 c Abs. 1 Satz 1 BGB), die insoweit im Mietvertrag inhaltsgleich wiedergegeben ist, ist die Kündigung bei einem Mietverhältnis über Wohnraum spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats zulässig. Für die Rechtzeitigkeit der Kündigungserklärung kommt es grundsätzlich auf deren Zugang beim Kündigungsempfänger an. Die Kündigung war somit verspätet, wenn der 1. Juni 2002 ein Sonnabend bei der Berechnung der sogenannten Karenzzeit von drei Werktagen mitzuzählen war.
Diese nicht unumstrittene Frage hat der Bundesgerichtshof bejaht. Er hat zunächst festgestellt, daß der Begriff des Werktags in der mietrechtlichen Kündigungsvorschrift nicht anders zu verstehen ist als in anderen gesetzlichen Bestimmungen und nach dem allgemeinen Sprachgebrauch.
Nach dem Sprachgebrauch des Gesetzes ist der Sonnabend im Gegensatz zu Sonn- und Feiertagen als Werktag anzusehen. Dies ergibt sich aus zahlreichen gesetzlichen Bestimmungen, z.B. aus § 3 Abs. 2 des Bundesurlaubsgesetzes. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 193 BGB, der den Sonnabend den Sonn- und Feiertagen gleichstellt, wenn dieser auf einen für die Abgabe einer Willenserklärung oder die Bewirkung einer Leistung bestimmten Tag oder den letzten Tag einer Frist fällt. Diese Bestimmung sollte nach der Gesetzesbegründung lediglich dem Umstand Rechnung tragen, daß mehr als die Hälfte der arbeitenden Bevölkerung am Sonnabend nicht mehr arbeitet, was zu Unzuträglichkeiten bei der Fristwahrung an diesem Tag führe. Am Charakter des Sonnabends als einem Werktag sollte hierdurch jedoch nichts geändert werden. Ob sich die Karenzzeit gemäß § 193 BGB verlängert, wenn der letzte Tag der Karenzfrist auf einen Sonnabend fällt, hatte der Bundesgerichtshof nicht zu entscheiden, da dieser Fall hier nicht vorlag.
Auch der allgemeine Sprachgebrauch stellt den Sonnabend nicht den Sonn- und Feiertagen gleich. Des weiteren hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, daß sich bisher keine hiervon abweichende Verkehrsauffassung durchgesetzt hat, wonach der Sonnabend den Sonn- und Feiertagen gleichgestellt ist.

Urteil vom 27. April 2005 VIII ZR 206/04
AG Rendsburg - 18 C 140/03 ./. LG Kiel - 8 S 118/03
Karlsruhe, den 27. April 2005
Pressestelle des Bundesgerichtshof

Donnerstag, April 21, 2005

BGH: Betreutes Wohnen u. Kündigung

BGH-Pressemitteilung  Nr. 61/2005
Bundesgerichtshof entscheidet über vertragliche Kündigungsgründe beim Betreuten Wohnen

Die Beklagte, ein mit dem Bayerischen Roten Kreuz verbundenes Unternehmen, unterhält in München in einer Wohnungseigentumsanlage einen Senioren-Wohnsitz. Sie hat die hierfür erforderlichen Wohnungen von mehr als 200 Wohnungseigentümern zum Zweck des Betriebs eines "Senioren-Wohnheimes" angemietet und darf im Rahmen dieser Zweckbestimmung die Eigentumswohnungen an Dritte weitervermieten. Die (jetzt 81-jährige) Klägerin bewohnt aufgrund eines mit der Beklagten geschlossenen „Pensionsvertrags“ mit Wirkung vom 1. Mai 2001 ein aus zwei Zimmern, Kochnische, Bad/WC, Diele und Balkon bestehendes, abgesehen von einer Einbauküche unmöbliert überlassenes Appartement von 47 m² Größe. Zu den im Vertrag beschriebenen Grund- und Serviceleistungen, für die monatlich ein „Netto-Pensionspreis“ von 2.295 DM zu entrichten ist, gehören neben der Nutzung des Appartements das Recht zur Mitbenutzung aller Gemeinschaftseinrichtungen, eine Notrufbereitschaft rund um die Uhr durch hauseigenes Fachpersonal, erste Hilfe zu jeder Tages- und Nachtzeit sowie bei vorübergehender Erkrankung pflegerische Betreuung durch das Pflegepersonal der Beklagten im Appartement bis zu zehn Tagen pro Jahr. Hinzu treten eine Reihe weiterer Beratungs- und Betreuungsdienste und angebote. An zusätzlich zu entgeltenden Leistungen nimmt die Klägerin das Mittagessen und die Reinigung ihres Appartements in Anspruch. Es unterliegt nach dem Vertrag ihrer Entscheidung, ob sie im Bedarfsfall für die Erbringung von gesondert zu vergütenden Pflegeleistungen den hauseigenen oder fremde Dienste in Anspruch nimmt. Der auf Lebenszeit des Bewohners abgeschlossene Vertrag enthält in § 19 Regelungen zur Kündigung, die an die Kündigungsbestimmungen des Heimgesetzes angelehnt sind.
Die Beklagte teilte den Bewohnern im Juni 2002 mit, sie wolle die vertragliche Laufzeit der Mietverhältnisse mit den Eigentümern nicht verlängern, was bedeute, daß der Betrieb des Senioren-Wohnsitzes zum 31. Dezember 2005 auslaufen werde. Die Wohnungen würden somit zum 1. Januar 2006 an die Eigentümer zurückgegeben. Zugleich wies sie darauf hin, sie und das Bayerische Rote Kreuz betrieben mehrere Häuser, in die die Bewohner ohne großen Aufwand umziehen könnten. Der Umzug werde von ihr organisiert, und die Bewohner würden insoweit tatkräftig unterstützt. Als Grund für ihre Entscheidung wurde angegeben, der Weiterbetrieb des Senioren-Wohnsitzes erfordere die Erfüllung weitreichender behördlicher Auflagen und die Tätigung von Investitionen, die wirtschaftlich nicht verkraftet werden könnten. Die Beklagte hat den Pensionsvertrag mit der Klägerin noch nicht gekündigt.
Auf die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage hat das Amtsgericht der Beklagten eine an das Heimgesetz angelehnte Kündigungsmöglichkeit versagt und gemeint, die in dem Pensionsvertrag insoweit geregelten Kündigungsgründe verstießen gegen §§ 543, 569 Abs. 5 BGB. Dabei ist das Amtsgericht davon ausgegangen, daß das Schwergewicht des Vertrags, der das sog. Betreute Wohnen betrifft, mietvertraglich sei. Das Landgericht, das diese Frage offengelassen hat, hat die Klage abgewiesen, weil weder mietvertragliche, dienstvertragliche noch heimvertragliche Regelungen eine Kündigung generell ausschlössen. Es hat die Revision zugelassen, weil die Frage von grundsätzlicher Bedeutung sei, ob in Pensionsverträgen der vorliegenden Art Kündigungsmöglichkeiten vorgesehen werden könnten, die sich an das Heimgesetz anlehnten. Mit ihrer Revision hat die Klägerin zunächst die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils begehrt. Während des Revisionsverfahrens hat sie selbst den Pensionsvertrag mit der Beklagten gekündigt. Sie bewohnt das Appartement jetzt aufgrund eines mit dem Eigentümer geschlossenen Mietvertrags weiter und beschafft sich die bisher von der Beklagten erbrachten Dienste von Dritten. Mit Rücksicht auf diese Kündigung haben die Parteien in der mündlichen Revisionsverhandlung die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
In der hiernach nur noch veranlaßten Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits, die unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu ergehen hatte, hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die vertragliche Vereinbarung von Kündigungsmöglichkeiten, die sich an das Heimgesetz anlehnen, für zulässig erachtet. Dabei mußte er mangels hinreichender Feststellungen in den Vorinstanzen offen lassen, ob auf den Pensionsvertrag nicht schon deshalb das Heimgesetz anzuwenden ist, weil der Senioren-Wohnsitz als Heim anzusehen ist. Allerdings bestand nach der Revisionsverhandlung kein Zweifel daran, daß das in dem nicht aufgegliederten Pensionspreis enthaltene Entgelt für die Betreuungspauschale nicht von untergeordneter Bedeutung war. Der III. Zivilsenat hat deshalb befunden, eine allein mietrechtliche Betrachtung der Vertragsbeziehung werde der Bedeutung der mit der Betreuung zusammenhängenden Vertragselemente nicht gerecht. Das zeige sich etwa bei einer Beendigung des Zwischenmietverhältnisses. Daß hier der Eigentümer des Wohnraums in das Mietverhältnis eintrete, sei eine angemessene Lösung für die Nutzung der Wohnung, entspreche aber nicht den Erwartungen des Mieters für die verabredeten Betreuungsleistungen. Nehme die Betreuung bei der vertraglichen Gestaltung keine untergeordnete Rolle ein, bestünden keine Bedenken gegen eine Kündigungsmöglichkeit bei einer Veränderung des Gesundheitszustands des Bewohners, wenn eine fachgerechte Betreuung nicht mehr möglich sei – hier stünden die Grenzen eines Betreuten Wohnens ohnehin in Frage – und bei einer Einstellung oder wesentlichen Veränderung des Betriebs des Senioren-Wohnsitzes. Zu dieser Kündigungsmöglichkeit hat der III. Zivilsenat ausgeführt, sie stehe keineswegs im freien Belieben des Betreibers, sondern sei nur gerechtfertigt, wenn die Fortsetzung des Vertrags für diesen eine unzumutbare Härte darstellen würde. In diesem Zusammenhang sei das Interesse des Vertragspartners, in der gewählten Einrichtung auf Dauer bleiben zu können, zu berücksichtigen. Zugleich sei zu beachten, daß mit einer solchen Kündigungsmöglichkeit die Pflicht verbunden sei, dem Bewohner eine angemessene anderweitige Unterkunft und Betreuung zu zumutbaren Bedingungen nachzuweisen und die Kosten des Umzugs in angemessenem Umfang zu tragen. Ob die Voraussetzungen für eine solche Kündigung hier vorlagen, war nicht Gegen-stand der Klage. Da sich die Klägerin mit ihrem Rechtsstandpunkt einer alleinigen Anwendbarkeit der mietrechtlichen Kündigungsbestimmungen für Wohnraum nicht durchsetzen konnte, hat der III. Zivilsenat die Kosten des Revisionsverfahrens ihr auferlegt.

Beschluß vom 21. April 2005 – III ZR 293/04
AG München - 453 C 21545/02 ./. LG München I - 31 S 15357/03
Karlsruhe, den 21. April 2005
Pressestelle des Bundesgerichtshof

Mittwoch, April 06, 2005

BGH: Schönheitsreparaturen

Nr. 55/2005
Bundesgerichtshof bejaht Anspruch des Vermieters auf Kostenvorschuß des Mieters für Schönheitsreparaturen.

Der u.a. für das Wohnungsmietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hatte sich mit der Frage zu befassen, ob der Vermieter während eines laufenden Mietverhältnisses vom Mieter Zahlung eines Kostenvorschusses für die Durchführung vertraglich übernommener Schönheitsreparaturen verlangen kann, wenn der Mieter damit in Verzug ist. Der Senat hat dies in Fortführung seiner früheren Rechtsprechung zum Gewerberaummietrecht bejaht.
Der Beklagte ist Mieter einer Wohnung im Hause der Klägerin. Im Mietvertrag aus dem Jahre 1958 ist bestimmt, daß die Schönheitsreparaturen vom Mieter getragen werden. Bestimmte Fristen für die Durchführung der Arbeiten sind nicht vereinbart worden. Mit der Klage hat die Klägerin den Beklagten auf Zahlung eines Kostenvorschusses von Höhe von ca. 13.000 € zur Vornahme von Schönheitsreparaturen in Anspruch genommen. Der Beklagte hat bisher trotz entsprechender Aufforderungen keine Schönheitsreparaturen in der angemieteten Wohnung ausgeführt. Die Wohnung ist renovierungsbedürftig, der Aufwand für die Renovierung beläuft sich nach einem vorgelegten Kostenvoranschlag auf den eingeklagten Betrag.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat auf die Berufung der Klägerin das erstinstanzliche Urteil abgeändert und den Beklagten zur Zahlung des Vorschusses verurteilt.
Der Senat hat das Urteil des Landgerichts bestätigt. Er hat dabei zunächst auf sein Urteil aus dem Jahre 1990 (BGHZ 111, 301) Bezug genommen. In jener Entscheidung hat der Senat für einen Fall der Gewerberaummiete ausgesprochen, daß der Vermieter – sofern der Mieter die Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen übernommen hat – auch während des laufenden Mietverhältnisses die Vornahme solcher Reparaturen vom Mieter verlangen kann. Der Senat hat in seiner heutigen Entscheidung klargestellt, daß dies auch für die Wohnraummiete gilt und daß der Anspruch des Vermieters mangels eines Fristenplanes fällig wird, sobald die Mietwohnung bei objektiver Betrachtungsweise renovierungsbedürftig ist. Dies gilt unabhängig davon, ob infolge bislang unterlassener Renovierungen bereits die Substanz der Wohnung gefährdet ist. Damit hat der Senat verschiedentlich anderslautende Entscheidungen der Instanzgerichte nicht gebilligt.
Wenn der Mieter seiner Pflicht zur Renovierung nicht rechtzeitig nachkommt, kann der Vermieter einen Vorschuß in Höhe der voraussichtlichen Kosten verlangen und die Maßnahme selbst durchführen.

Urteil vom 6. April 2005 – VIII ZR 192/04
AG Charlottenburg - 226 C 64/03 ./. LG Berlin - 64 S 27/04
Karlsruhe, den 6. April 2005
Pressestelle des Bundesgerichtshof

Mittwoch, März 16, 2005

3,13 Mio. Privathaushalte überschuldet

bmfsfj-Presseerklärung v. 16.03.2005

Private Überschuldung - vorbeugen und helfen

In Deutschland sind 8,1 Prozent aller Privathaushalte überschuldet, das sind 3,13 Millionen Haushalte und damit rund 400.000 mehr als vor vier Jahren. Der Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Peter Ruhenstroth-Bauer, wies auf die Bedeutung der Prävention von Überschuldung und der Schuldnerberatung hin: "Die Überschuldung privater Haushalte ist ein drängendes, aber oft unsichtbares Problem. Überschuldung führt nicht selten zu Armut und Ausgrenzung. Wer Schulden angehäuft hat, braucht Hilfe, damit er sich wieder aus eigener Kraft unterhalten kann und nicht in Abhängigkeit von Gläubigern oder dem Staat leben muss", sagte Ruhenstroth-Bauer bei der Tagung "Überschuldung privater Haushalte" der Gesellschaft für sozialen Fortschritt in Kooperation mit der Friedrich-Ebert-Stiftung heute in Berlin.

Die Bundesregierung hat das Thema Überschuldung in ihrem 2. Armuts- und Reichtumsbericht aufgegriffen. Mit einem Konzept gegen Überschuldung will die Bundesregierung Betroffene aus dem Schuldenkreislauf holen und Überschuldung vorbeugen. Nicht nur die Gläubiger erleiden Schaden; viele Überschuldete und ihre Familien sind auf staatliche Unterstützung angewiesen. Damit ist auch der volkswirtschaftliche Schaden groß, der durch die Überschuldung der privaten Haushalte entsteht.

Eine Schlüsselrolle bei der Hilfe aus der Schuldenspirale kommt den Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen vor Ort zu. Fast jedem zweiten, der sich beraten lässt, kann die Schuldnerberatung einen Ausweg weisen. "Schuldnerberatungsstellen dürfen nicht abgebaut werden: es muss sie flächendeckend geben. Hier sind die Länder und Kommunen gefordert. Sie müssen auch neue Wege gehen und neue Partner zum Beispiel bei der Kreditwirtschaft suchen", forderte Ruhenstroth-Bauer. In einigen Bundesländern beteiligen sich bereits die Sparkassen an der Finanzierung der Schuldnerberatung. Für arbeitslose Überschuldete und Überschuldete, denen Arbeitslosigkeit unmittelbar droht, gibt das Sozialgesetzbuch II ("Hartz IV") überdies den Fallmanagern in Job-Centern die Möglichkeit, Schuldnerberatung zu vermitteln.

Das Verbraucherinsolvenzverfahren ist eine wichtige Hilfe für Überschuldete. Im Jahr 2004 gab es 49.123 Verbraucherinsolvenzverfahren. Das ist eine Steigerung um 53 Prozent gegenüber 2003 und ein Beleg, dass das seit langem drängende Problem der Überschuldung privater Haushalte erfolgreich in Angriff genommen wurde. Die Bundesregierung wird das Verbraucherinsolvenzverfahren weiterentwickeln. Es soll noch effizienter werden, ohne die so genannten "masselosen Verfahren" aus dem gerichtlichen Verfahren auszugrenzen.

Der finanziellen Allgemeinbildung kommt - ergänzend zur Familie - im schulischen Bereich eine wachsende Bedeutung zu: Die Nachfrage nach Bildungsangeboten zum Umgang mit Geld und Konsum steigt. Gemeinsam mit der Schuldnerberatung und der Kreditwirtschaft fördert das Bundesfamilienministerium eine kostenlose Unterrichtshilfe für Lehrerinnen und Lehrer (www.unterrichtshilfe-finanzkompetenz.de), mit der die Konsum- und Finanzkompetenzen von Kindern und Jugendlichen unterstützt werden.

- Die Broschüre "Was mache ich mit meinen Schulden?" des Bundesministeriums gibt Rat bei Überschuldung. Sie ist kostenlos hier erhältlich.

- Unter www.forum-schuldnerberatung.de oder unter 01801/907050 (Mo - Do, 7 - 19 Uhr; Festnetz: 9 - 18 Uhr 4,6 Cent, sonst 2,5 Cent pro angefangene Minute) kann die nächstgelegene Schuldnerberatungsstelle erfragt werden. Dieser Service wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

  • Diskussionen
  • Mittwoch, März 02, 2005

    BGH: Anspruch auf Parabolantenne

    BGH-Pressemitteilung Nr. 38/2005
    Zum Anspruch eines Mieters auf Anbringung einer Parabolantenne

    Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute über den Anspruch eines Mieters gegen den Vermieter auf Duldung der Anbringung einer Parabolantenne entschieden.
    Der Kläger, ein russischer Staatsangehöriger, ist Mieter einer Wohnung in einem der Beklagten gehörenden Mehrparteienhaus in Calbe. Die Wohnung ist mit einem Kabelanschluß für den Empfang von Radio und Fernsehprogrammen versehen. Durch Installation eines zusätzlichen Decoders könnten über "Digi-KABEL RUS" fünf russische Programme empfangen werden. Die Beklagte hat dem Kläger freigestellt, auf seine Kosten einen solchen Decoder anzuschließen. Der Kläger möchte dagegen mit Hilfe einer Parabolantenne, die er an dem Metallgitter vor dem Fenster seines Wohnzimmers im dritten Stock des Anwesens anbringen will, eine größere Zahl privater und staatlicher russischer Fernsehprogramme empfangen. Die beklagte Vermieterin verweigerte ihr Einverständnis hierzu.
    Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Installation einer Parabolantenne mit einem Durchmesser von höchstens 80 cm zu dulden. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen.
    Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist dem Grundrecht des Mieters aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 GG, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten, auch in zivilgerichtlichen Streitigkeiten über die Anbringung von Sattelitenempfangsanlagen an Mietwohnungen Rechnung zu tragen. Andererseits ist zu berücksichtigen, daß das Grundrecht des Vermieters aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG berührt ist, wenn von ihm verlangt wird, eine Empfangsanlage an seinem Eigentum zu dulden. Das erfordert in der Regel eine fallbezogene Abwägung der von dem eingeschränkten Grundrecht und dem grundrechtsbeschränkenden Gesetz geschützten Interessen. Dabei ist das besondere Informationsinteresse von dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Ausländern zu beachten. Diese haben ein anerkennenswertes Interesse, die Programme ihres Heimatlandes zu empfangen, um sich über das dortige Geschehen unterrichten und die kulturelle und sprachliche Verbindung aufrechterhalten zu können. Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht bei seiner Abwägung beachtet. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß der Kläger über das Programmpaket "Digi-KABEL RUS" bereits fünf russischsprachige Sender über das im Gebäude installierte Breitbandkabel nach Erwerb eines Zusatzgerätes empfangen kann. Unter diesen Gegebenheiten hat es dem Eigentumsrecht der Beklagten den Vorrang eingeräumt mit der Begründung, das Gesamtbild der Gebäudefassade würde durch das Einbringen einer Parabolantenne erheblich beeinträchtigt, auch wenn der Eingriff in die Gebäudesubstanz gering sein könne. Diese Abwägung des Berufungsgerichts ließ einen Rechtsfehler nicht erkennen, so daß die Revision des Klägers zurückzuweisen war.

    Urteil vom 2. März 2005 VIII ZR 118/04
    AG Schönebeck - 4 C 111/03 (III) ./. LG Magdeburg - 12 S 327/03 (118)
    Karlsruhe, den 2. März 2005
    Pressestelle des Bundesgerichtshof

    Mittwoch, Februar 16, 2005

    BGH: Kündigungsrecht

    BGH-Pressemitteilung  Nr. 27/2005
    Kündigung des Vermieters wegen Zahlungsverzugs des Mieters

    Der u.a. für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat zu der Frage Stellung genommen, inwieweit ein Mieter, dem der Vermieter wegen Zahlungsverzugs gekündigt hat, dem Räumungsverlangen die nachträgliche Begleichung der Mietrückstände entgegenhalten kann.
    Die beklagte Mieterin war mit der geschuldeten Miete in Zahlungsrückstand geraten. Daraufhin hatte die Vermieterin das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß gekündigt und auf Räumung und Herausgabe geklagt. Während des Prozesses zahlte das für die Beklagte zuständige Sozialamt die rückständige Miete. Damit wurde die fristlose Kündigung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB, dessen sonstige Voraussetzungen vorlagen, unwirksam. Die Klägerin hatte das Mietverhältnis wegen des Zahlungsrückstands jedoch vorsorglich auch nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB fristgemäß gekündigt. Nach dieser Bestimmung hat der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der fristgemäßen Beendigung des Mietverhältnisses, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten – hier seine Hauptpflicht zur Zahlung der Miete – schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Ob der nachträgliche Ausgleich des Mietrückstands auch die Wirkungen einer auf Zahlungsverzug gestützten ordentlichen (fristgemäßen) Kündigung entfallen läßt, ist umstritten. Amtsgericht und Landgericht haben dies angenommen und die Klage der Vermieterin daher abgewiesen.
    Der Bundesgerichtshof hat auf die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin das angefochtene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Er hat entschieden, daß ein nachträglicher Ausgleich der Zahlungsrückstände innerhalb zweier Monate nach Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs zwar die fristlose Kündigung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB unwirksam werden läßt, nicht dagegen ohne weiteres auch die hilfsweise ausgesprochene fristgemäße Kündigung. Eine dem § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB nachgebildete Vorschrift fehlt bei den Bestimmungen über die fristgemäße Kündigung. Der Senat weist darauf hin, daß die Vorschriften über die fristlose Kündigung einerseits und über die ordentliche Kündigung andererseits erhebliche Unterschiede aufweisen. Voraussetzung einer ordentlichen Kündigung ist stets eine nicht unerhebliche schuldhafte Pflichtverletzung des Mieters. Der ordentlichen Kündigung gegenüber kann sich der Mieter – anders als bei der fristlosen Kündigung – auf eine unverschuldete Zahlungsunfähigkeit infolge unvorhergesehener wirtschaftlicher Engpässe berufen; auch kann die nachträgliche Zahlung sein etwaiges Fehlverhalten in einem milderen Licht erscheinen lassen.
    Eine abschließende Entscheidung war dem Bundesgerichtshof jedoch nicht möglich. Der Senat hat das angefochtene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dort wird zu prüfen sein, aus welchen Gründen die Beklagte mit der Zahlung der Miete in Rückstand geraten und ob danach der aufgelaufene Zahlungsrückstand als eine von ihr verschuldete Pflichtverletzung zu werten ist.

    Urteil vom 16. Februar 2005 – VIII ZR 6/04
    (AG Schöneberg – 16 C 582/02 / LG Berlin – 65 S 172/03 )
    Karlsruhe, den 16. Februar 2005
    Pressestelle des Bundesgerichtshof