Mittwoch, Juni 23, 2010

BGH: Falsche Wohnflächenangaben in Inseraten

Nr. 128/2010 Mietminderung bei Wohnflächenunterschreitung:

Vereinbarung der Wohnfläche durch Absprachen im Vorfeld des Vertragsschlusses

Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass ein Mangel einer Mietwohnung aufgrund einer Flächenabweichung auch dann vorliegen kann, wenn der schriftliche Mietvertrag keine Angaben zu der Wohnfläche enthält.

In dem entschiedenen Fall mietete die Klägerin vom Beklagten eine Dachgeschosswohnung in Mannheim. Der schriftliche Mietvertrag enthält keine Angaben zur Größe der Wohnung, diese sind in dem verwendeten Vordruck auch nicht vorgesehen. Die Wohnung war von einer Immobilienmaklerin mit folgender Annonce in der Zeitung angeboten worden: "MA-Waldhof, 3 ZKB-DG, Balkon, ca. 76 m², Parkett, EBK, DM 890,- + NK". Vor Abschluss des Mietvertrages wurden der Mieterin eine Grundrissskizze sowie eine detaillierte Wohnflächenberechnung übergeben, in der die Gesamtgröße der Wohnung mit 76,45 Quadratmetern ausgewiesen wird. Die Mieterin hat mit der Begründung, die Wohnung habe lediglich eine Wohnfläche von 53,25 Quadratmetern, unter anderem die Rückzahlung überzahlter Miete geltend gemacht. Das Amtsgericht hat der Zahlungsklage teilweise stattgegeben. Das Landgericht hat auf die Berufung des Beklagten die Klage abgewiesen.

Die dagegen gerichtete Revision der Mieterin hatte Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass angesichts der Geschehnisse bis zur Unterzeichnung des Mietvertrages alleine dem Fehlen von Angaben zur Wohnungsgröße in dem Vertragstext, die dort auch nicht vorgesehen waren, nicht entnommen werden kann, dass sich die Parteien bei Abschluss des Vertrages bezüglich der Wohnfläche nicht vertraglich binden wollten. Die vom Berufungsgericht festgestellten Gesamtumstände lassen vielmehr darauf schließen, dass die Parteien den schriftlichen Vertrag in der beiderseitigen, dem jeweiligen Vertragspartner erkennbaren Vorstellung geschlossen haben, die Wohnung weise die zuvor angegebene Wohnfläche auf. Dies begründet eine konkludente Vereinbarung über die Wohnungsgröße. Liegt – wie im entschiedenen Fall – eine Wohnflächenunterschreitung um mehr als zehn Prozent vor, führt dies zu einer Mietminderung gemäß § 536 BGB* (st. Rspr.; vgl. zuletzt Urteil vom 10. März 2010 – VIII ZR 144/09, Pressemitteilung Nr. 53/2010).

Die Sache ist an das Landgericht zurückverwiesen worden, weil weitere Feststellungen unter anderem zu einer vom Vermieter zur Aufrechnung gestellten Betriebskostennachforderung zu treffen sind.

*§ 536 BGB: Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln

Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

Urteil vom 23. Juni 2010 – VIII ZR 256/09
AG Mannheim - Urteil vom 7. November 2007 – 17 C 460/06
LG Mannheim - Urteil vom 24. September 2008 – 4 S 189/07
Karlsruhe, den 23. Juni 2010
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  • Mittwoch, Juni 16, 2010

    BGH zu Mietspiegel und Mieterhöhung

    Nr. 122/2010 Bundesgerichtshof zur Verwendung von Mietspiegeln bei Mieterhöhungen

    Der Bundesgerichtshof hat heute über eine Mieterhöhungsklage entschieden, bei der der Vermieter sein Verlangen auf einen für die Nachbarstadt erstellten Mietspiegel gestützt hat, der von dem örtlichen Mieterverein, dem örtlichen Haus- und Gründeigentümerverein sowie dem Bürgermeisteramt gemeinsam erstellt worden ist.

    Der Beklagte ist Mieter einer Wohnung des Klägers in Backnang. Mit der Klage verlangt der Vermieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung um 76,69 € monatlich. Der Berechnung der Mieterhöhung hat der Vermieter den Mietspiegel der Nachbarstadt Schorndorf zugrunde gelegt und dies damit begründet, dass es sich dabei um eine mit Backnang vergleichbare Gemeinde handele. Das Amtsgericht hat der Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und unter Verwertung des Mietspiegels für Schorndorf stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung des Mieters zurückgewiesen.

    Die dagegen gerichtete Revision des Mieters hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Vermieter sein Mieterhöhungsverlangen ordnungsgemäß nach § 558a BGB* begründet hat. Die Bezugnahme auf den Mietspiegel der Nachbarstadt Schorndorf war ausreichend, weil für die Stadt Backnang kein Mietspiegel erstellt worden ist und weil beide Städte, wie der Sachverständige ausgeführt hat, unter anderem im Hinblick auf das Mietniveau vergleichbar sind.

    Der Bundesgerichtshof hat weiter entschieden, dass auch nach Einführung des qualifizierten Mietspiegels (§ 558d*** BGB) durch das Mietrechtsreformgesetz vom 19. Juni 2001 ein einfacher Mietspiegel (§ 558c BGB**) alleinige Grundlage der dem Gericht obliegenden Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete sein kann. Zwar kommt dem einfachen Mietspiegel nicht die dem qualifizierten Mietspiegel vorbehaltene gesetzliche Vermutungswirkung dahingehend zu, dass die im Mietspiegel genannten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete zutreffend wiedergeben (§ 558d Abs. 3 BGB). Der einfache Mietspiegel stellt aber ein Indiz für diese Annahme dar. Das gilt auch dann, wenn der einfache Mietspiegel, wie im entschiedenen Fall, nicht von der Gemeinde, sondern gemeinsam von Interessenvertretern der Mieter und Vermieter erstellt wurde. Ob diese Indizwirkung im Einzelfall zum Nachweis der Ortsüblichkeit der verlangten Miete ausreicht, hängt davon ab, welche Einwendungen der Mieter gegen den Erkenntniswert des Mietspiegels erhebt. Trägt er etwa substantiiert vor, den Verfassern habe es an der erforderlichen Sachkunde gefehlt oder sie hätten sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen oder unzureichendes Datenmaterial verwendet, muss das Gericht dem nachgehen. Bleiben danach Zweifel an der Verlässlichkeit des Mietspiegels, so ist die Indizwirkung erschüttert. Der Vermieter muss dann anderweit Beweis für seine Behauptung antreten, die von ihm verlangte Miete liege innerhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete.

    Im entschiedenen Fall hat der Mieter jedoch keine Einwendungen erhoben, durch die die Indizwirkung des – einfachen – Mietspiegels für Schorndorf erschüttert worden ist. Das Landgericht hat sich somit zu Recht auf diesen Mietspiegel gestützt und die Ortsüblichkeit der vom Vermieter verlangten Miete festgestellt.

    *§ 558a BGB: Form und Begründung der Mieterhöhung

    (1) Das Mieterhöhungsverlangen nach § 558 ist dem Mieter in Textform zu erklären und zu begründen.

    (2) Zur Begründung kann insbesondere Bezug genommen werden auf

    1. einen Mietspiegel (§§ 558c, 558d),

    2. eine Auskunft aus einer Mietdatenbank (§ 558e),

    3. ein mit Gründen versehenes Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen,

    4. entsprechende Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen; hierbei genügt die Benennung von drei Wohnungen.



    **§ 558c BGB: Mietspiegel

    (1) Ein Mietspiegel ist eine Übersicht über die ortsübliche Vergleichsmiete, soweit die Übersicht von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam erstellt oder anerkannt worden ist.

    (2) Mietspiegel können für das Gebiet einer Gemeinde oder mehrerer Gemeinden oder für Teile von Gemeinden erstellt werden.

    (3) Mietspiegel sollen im Abstand von zwei Jahren der Marktentwicklung angepasst werden.

    (4) Gemeinden sollen Mietspiegel erstellen, wenn hierfür ein Bedürfnis besteht und dies mit einem vertretbaren Aufwand möglich ist. Die Mietspiegel und ihre Änderungen sollen veröffentlicht werden.



    ***§ 558d BGB: Qualifizierter Mietspiegel

    (1) Ein qualifizierter Mietspiegel ist ein Mietspiegel, der nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter anerkannt worden ist.

    (2) Der qualifizierte Mietspiegel ist im Abstand von zwei Jahren der Marktentwicklung anzupassen. Dabei kann eine Stichprobe oder die Entwicklung des vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindexes für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland zugrunde gelegt werden. Nach vier Jahren ist der qualifizierte Mietspiegel neu zu erstellen.

    (3) Ist die Vorschrift des Absatzes 2 eingehalten, so wird vermutet, dass die im qualifizierten Mietspiegel bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben.

    Urteil vom 16. Juni 2010 – VIII ZR 99/09
    AG Backnang - Urteil vom 14. März 2008 – 4 C 581/07
    LG Stuttgart - Urteil vom 25. März 2009 – 5 S 123/08
    Karlsruhe, den 16. Juni 2010
    Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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  • Mittwoch, Juni 09, 2010

    BGH zu Schönheitsreparaturen durch Mieter

    Nr. 115/2010


    Wohnungsmieter muss die Möglichkeit haben, Schönheitsreparaturen in Eigenleistung durchzuführen

    Der Bundesgerichtshof (BGH) hat heute entschieden, dass eine Klausel in einem Wohnraummietvertrag wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam ist, wenn dem Mieter durch die Klausel die Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen auferlegt wird, ohne dass ihm die Möglichkeit zur Vornahme dieser Arbeiten in Eigenleistung offen steht.

    Die Beklagten waren bis September 2007 Mieter einer Wohnung der klagenden Wohnungsbaugesellschaft in München. Zu den Schönheitsreparaturen enthält der Mietvertrag folgende Bestimmungen:

    "Der Mieter ist verpflichtet, die Schönheitsreparaturen, wie z.B. das Kalken, Anstreichen oder Tapezieren der Wände und Decken, das Streichen und die Behandlung der Fußböden, der Fenster und der Türen, in der Wohnung ausführen zu lassen, (…)"

    Die Klägerin begehrt unter anderem Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen in Höhe von 7.036,35 €. Das Amtsgericht hat die Klage insoweit abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Vermieterin zurückgewiesen.

    Die dagegen gerichtete Revision der Vermieterin hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Mieter nicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet waren. Die im entschiedenen Fall verwendete Klausel zu den Schönheitsreparaturen kann aufgrund ihres Wortlauts ("ausführen zu lassen") jedenfalls auch dahin verstanden werden, dass der Mieter unter Ausschluss der Möglichkeit einer Selbstvornahme die Arbeiten durch einen Fachhandwerker ausführen lassen muss. In dieser hier maßgeblichen – "kundenfeindlichsten" – Auslegung hält die Klausel einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB nicht stand.

    Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die formularvertragliche Überwälzung der nach dem Gesetz dem Vermieter obliegenden Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen auf den Mieter grundsätzlich zulässig. Allerdings hat der Bundesgerichtshof zugleich darauf hingewiesen, dass die zur Verkehrssitte gewordene Praxis einer Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter auch dadurch geprägt ist, dass der Mieter die ihm übertragenen Schönheitsreparaturen in Eigenleistung ausführen kann. Wird dem Mieter die Möglichkeit einer Vornahme der Schönheitsreparaturen in Eigenleistung – gegebenenfalls durch Hinzuziehung von Verwandten und Bekannten – genommen, stellt die Überwälzung dieser Arbeiten eine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar. Denn Schönheitsreparaturen sind – gleich ob sie der Mieter oder der Vermieter durchführen muss – lediglich fachgerecht in mittlerer Art und Güte auszuführen. Das setzt aber nicht zwingend die Beauftragung einer Fachfirma voraus.

    Urteil vom 9. Juni 2010 – VIII ZR 294/09
    AG München - Urteil vom 9. Dezember 2008 - 453 C 4014/08
    LG München I - Urteil vom 30. September 2009 - 15 S 6274/09
    (veröffentlicht in NJW 2010, 161)
    Karlsruhe, den 9. Juni 2010
    Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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  • Mittwoch, Mai 26, 2010

    BFH: Zweitwohnungsteuer für Studentenwohnung in Berlin

    Nr. 46 vom 26. Mai 2010 Urteil vom 17.02.10 II R 5/08

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 17. Februar 2010 II R 5/08 entschieden, dass Inhaber einer Zweitwohnung in Berlin auch dann zur Zahlung von Zweitwohnungsteuer verpflichtet sind, wenn an der Erstwohnung keine Verfügungsbefugnis besteht. Der entschiedene Fall betraf einen Studenten, der an seinem Nebenwohnsitz in Berlin ein Zimmer in einem Studentenheim bewohnte. An seinem Hauptwohnsitz stand dem Studenten sein ehemaliges Kinderzimmer in der elterlichen Wohnung zur Verfügung.

    Nach dem Berliner Zweitwohnungsteuergesetz gilt sowohl für die Erst- oder Hauptwohnung als auch für die Zweit- oder Nebenwohnung der melderechtliche Wohnungsbegriff, wonach Wohnung jeder umschlossene Raum ist, der zum Wohnen und Schlafen benutzt wird. Die Zweitwohnungsteuerpflicht setzt daher nicht voraus, dass der Inhaber der Zweitwohnung auch Inhaber einer Erstwohnung mit eigener Verfügungsbefugnis ist.

    Der Einbeziehung von Wohnungen in die Zweitwohnungsteuer, die aus Ausbildungsgründen bewohnt werden, steht nach Auffassung des BFH auch der Charakter der Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer nicht entgegen. Für die Zweitwohnungsteuer ist allein entscheidend, dass mit der Erstwohnung das Grundbedürfnis Wohnen als Teil des persönlichen Lebensbedarfs abgedeckt wird.

    Mittwoch, Mai 12, 2010

    BGH zu Betriebskosten-Widersprüchen

    Nr. 103/2010 Einwendungen des Wohnungsmieters gegen Betriebskostenabrechnungen müssen für jedes Abrechnungsjahr neu geltend gemacht werden

    Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass ein Wohnungsmieter eine Einwendung gegen eine vom Vermieter erstellte Betriebskostenabrechnung auch dann innerhalb der dafür vorgesehenen Zwölf-Monats-Frist erheben muss, wenn er die der Sache nach gleiche Einwendung schon gegenüber früheren Betriebskostenabrechnungen geltend gemacht hat.

    Der Kläger verlangt von den Beklagten, seinen Mietern, die Nachzahlung von Betriebskosten. Im Oktober 2004 hatte der Vermieter eine Betriebskostenabrechung für das Jahr 2003 erstellt, in der er unter anderem die Grundsteuer anteilig auf die Mieter umgelegt hatte. Dagegen wandten die Mieter unter anderem ein, dass sie gemäß der mietvertraglichen Vereinbarung nicht zur Übernahme dieser Kosten verpflichtet seien. Auch im Hinblick auf die im November 2005 erstellte Betriebskostenabrechung für das Jahr 2004 machten die Mieter unter anderem diesen Einwand geltend. Schließlich erstellte der Vermieter im Dezember 2006 eine Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2005, in der er erneut die Grundsteuer anteilig auf die Mieter umlegte. Zu dieser Abrechnung äußerten sich die Mieter nicht.

    Mit der Klage hat der Vermieter die danach noch offen stehenden Nachforderungen aus den Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2003 bis 2005 - insgesamt rund 800 € - geltend gemacht. Das Amtsgericht hat die Klage hinsichtlich der Jahre 2003 und 2004 mit der Begründung abgewiesen, dass die Grundsteuer, wie die Auslegung des Mietvertrags ergebe, nicht umlagefähig sei. Hinsichtlich des Jahres 2005 hat das Amtsgericht die Mieter zur Zahlung des noch offenen Betrages von rund 270 € verurteilt, weil die Beklagten es versäumt hätten, gegen die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2005 innerhalb der gesetzlichen Frist Einwendungen geltend zu machen. Die dagegen gerichtete Berufung der Mieter hat das Landgericht zurückgewiesen.

    Die Revision der Mieter hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass eine erneute Beanstandung der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2005 hinsichtlich der auf die Beklagten anteilig umgelegten Grundsteuer nicht deshalb entbehrlich war, weil die Beklagten bereits gegenüber den Betriebskostenabrechnungen für die vorangegangenen Jahre 2003 und 2004 jeweils fristgerecht eingewandt hatten, dass sie die Erstattung anteiliger Grundsteuer nicht schuldeten. Nach § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB* muss der Mieter eine Einwendung, die er gegenüber einer Betriebskostenabrechnung für ein bestimmtes Jahr erheben will, dem Vermieter innerhalb von zwölf Monaten ab Zugang dieser Abrechnung mitteilen. Die Beanstandung einer früheren Betriebskostenabrechnung macht eine solche Mitteilung grundsätzlich auch dann nicht entbehrlich, wenn es sich der Sache nach um die gleiche Einwendung handelt. Ziel des Gesetzes ist es, durch Fristablauf Klarheit über die Ansprüche aus der Betriebskostenabrechnung für ein bestimmtes Jahr zu erlangen. Dieses Ziel würde verfehlt, wenn aufgrund der Beanstandung einer früheren Abrechnung nicht mehr zu verlangen wäre, dass eine spätere Abrechnung innerhalb der für diese Abrechnung laufenden Frist (erneut) beanstandet wird. Die erneute Geltendmachung einer gegenüber einer früheren Betriebskostenabrechnung bereits erhobenen Einwendung innerhalb der für das spätere Abrechnungsjahr laufenden Frist ist daher geboten, um das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel der Rechtssicherheit durch Fristablauf zu erreichen.

    *§ 556 BGB: Vereinbarungen über Betriebskosten

    (1) 1Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. 2Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. …

    (2) …

    (3) 1Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. 2Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. 3Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. 4Der Vermieter ist zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet. 5Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. 6Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.

    (4) …

    Urteil vom 12. Mai 2010 – VIII ZR 185/09
    AG Mannheim - Urteil vom 17. Dezember 2008 – 8 C 245/08
    LG Mannheim - Urteil vom 3. Juni 2009 – 4 S 17/09
    Karlsruhe, den 12. Mai 2010
    Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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  • BGH zu Anforderungen bei fristloser Kündigung

    Nr. 102/2010 Bundesgerichtshof zu den Begründungsanforderungen bei fristloser Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses

    Der Bundesgerichtshof hat heute eine Entscheidung zu den Begründungsanforderungen bei fristloser Kündigung wegen Zahlungsverzugs eines Wohnungsmieters in einem Fall getroffen, in dem der Zahlungsrückstand über mehrere Jahre mit schwankenden Monatsbeträgen aufgelaufen war.

    Die Vermieterin hat die Beklagten, ihre Mieter, auf Räumung einer Wohnung in Leipzig in Anspruch genommen. Die Mieter hatten von März 2004 bis einschließlich Oktober 2007 überwiegend nur eine geminderte Miete gezahlt. Nachdem die Vermieterin, die die Minderungen in der geltend gemachten Höhe nicht hinnimmt, im März 2007 zur Zahlung eines Mietrückstandes von 5.023,80 € aufgefordert hatte, kündigte sie das Mietverhältnis mit Schreiben vom 21. Mai 2007 wegen Zahlungsverzugs fristlos. Hierbei listete sie für den Zeitraum von Mai 2004 bis April 2007 die aus ihrer Sicht bestehenden Rückstände in Bezug auf die Kaltmiete und die Vorauszahlungen jeweils monatsbezogen auf und errechnete für die Kaltmiete einen Gesamtrückstand von 5.303,27 € sowie für die Vorauszahlungen von 2.038,80 €.

    Das Amtsgericht hat die fristlose Kündigung wegen Verstoßes gegen die Begründungspflicht des § 569 Abs. 4 BGB* für unwirksam gehalten und die Räumungsklage der Vermieterin abgewiesen. Das Landgericht ist demgegenüber zu dem Ergebnis gelangt, dass das Mietverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 21. Mai 2007 beendet worden sei, und hat die Mieter zur Räumung verurteilt.

    Die dagegen gerichtete Revision der Mieter hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die fristlose Kündigung vom 21. Mai 2007 den Begründungsanforderungen des § 569 Abs. 4 BGB* gerecht wird und deshalb nicht unwirksam ist. Zweck der Vorschrift ist es, dem Mieter die Erkenntnis zu ermöglichen, auf welche Vorgänge oder auf welches Verhalten der Vermieter die fristlose Kündigung stützt und ob oder wie er sich hiergegen verteidigen kann. Von diesem Zweck ausgehend hat der Bundesgerichtshof für einfache Fallgestaltungen bereits früher entschieden, dass es ausreicht, wenn der Vermieter den Zahlungsverzug als Kündigungsgrund angibt und den Gesamtbetrag der rückständigen Miete beziffert.

    Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof nun für Fallgestaltungen weiter entwickelt, in denen der Vermieter – wie im entschiedenen Fall – die Kündigung auch auf frühere Rückstände stützt. In solchen Fällen genügt es zur formellen Wirksamkeit der Kündigung, dass der Mieter anhand der Begründung des Kündigungsschreibens erkennen kann, von welchem Mietrückstand der Vermieter ausgeht, um mit Hilfe dieser Angaben die Kündigung eigenständig auf ihre Stichhaltigkeit überprüfen zu können. Diesen Anforderungen wird die im entschiedenen Fall ausgesprochene Kündigung vom 21. Mai 2007 gerecht.

    § 543 BGB: Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund

    (1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. …

    (2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

    1. …

    2. …

    3. der Mieter

    a) für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder

    b) in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.



    * § 569 BGB: Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund [Sondervorschrift für Wohnraummietverhältnisse]



    (4) Der zur Kündigung führende wichtige Grund ist in dem Kündigungsschreiben anzugeben.



    Urteil vom 12. Mai 2010 – VIII ZR 96/09
    AG Leipzig, Urteil vom 30. Juni 2008 - 167 C 5138/07
    LG Leipzig, Urteil vom 18. März 2009 - 1 S 372/08
    Karlsruhe, den 12. Mai 2010
    Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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  • Mittwoch, April 21, 2010

    BGH zum Austausch von Wasserzählern

    Nr. 82/2010
    Bundesgerichtshof zum Anspruch auf Austausch von Wasserzählern gegenüber einem Wasserversorgungsunternehmen

    Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass Wasserversorgungsunter-nehmen gehalten sind, eine Ermessensentscheidung zu treffen, ob ein Austausch eines Wasserzählers im Interesse des Kunden vorzunehmen ist, wenn sich der technische Standard in einem wesentlichen Maße ändert und beachtenswerte Interessen des Kunden geltend gemacht werden.

    Die Klägerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, verlangt von dem beklagten Wasserversorgungsunternehmen den Austausch eines Wasserzählers. Die Beklagte versorgt die Wohnungseigentumsanlage der Klägerin seit Jahren mit Wasser und entsorgt das Abwasser. Bei der Wohnungseigentumsanlage handelt es sich um ein Mehrfamilienhaus mit 21 Wohnungen. Das Versorgungsunternehmen hat als Entnahmearmatur einen Wasserzähler der Größe Qn 6 (mit einem Nenndurchfluss von 6 m³/h) eingebaut. Im Januar 2007 bat die Klägerin um einen Einbau eines Wasserzählers Qn 2,5 (mit einem Nenndurchfluss von 2,5 m³/h). Dies lehnte das Versorgungsunternehmen mit der Begründung ab, dass es dadurch zu Beeinträchtigungen der Versorgung nach Menge und Druck kommen könne. Nach dem ab 1. Januar 2007 gültigen Preisblatt des Versorgungsunternehmens beträgt der Grundpreis für die Bereitstellung des Wassers bei Wasserzählern mit einer Nennleistung von 2,5 m³/h ab 401 m³ pro Jahr 29,50 € netto pro Monat. Bei Wasserzählern mit einer Nennleistung bis Qn 6 beträgt der Grundpreis für die Bereitstellung des Wassers ab 501 m³ pro Jahr 68 € netto pro Monat. Im erstgenannten Fall beträgt der Servicepreis für Schmutzwasser 15 € pro m³ und im letztgenannten Fall 36 € pro m³.

    Die Klägerin meint, vor dem Hintergrund der mehr als 130 Prozent höheren Kosten beim Einbau eines Zählers Qn 6 hätte die Beklagte bei Ausübung ihres Ermessens nach § 18 AVBWasserV* einen Zähler der Größe Qn 2,5 einbauen müssen. Mit der Klage hat die Klägerin verlangt, den Wasserzähler Qn 6 durch einen Wasserzähler Qn 2,5 zu ersetzen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

    Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat das Berufungsurteil auf die Revision der Wohnungseigentümergemeinschaft aufgehoben. Denn nach derzeitigem Stand hat die Beklagte mit der Verweigerung des Einbaus eines Wasserzählers der Dimensionierung Qn 2,5 ihr Leistungsbestimmungsrecht gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 und 4 AVBWasserV* nicht ermessensfehlerfrei ausgeübt.

    In dem Vertragsverhältnis der Parteien bestehen Schutz- und Rücksichtnahme-pflichten. Aus diesen folgt ein Anspruch auf erneute Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts jedenfalls dann, wenn sich der technische Standard, der einen Einfluss auf die Auswahl der Messgeräte hat, in einem wesentlichen Maße ändert und beachtenswerte Interessen des Kunden geltend gemacht werden. Ein solches Interesse ist hier insbesondere darin zu sehen, dass der Grund- und Servicepreis für die Leistungen der Beklagten und damit die Kostenbelastung des Kunden von der Dimensionierung des Wasserzählers abhängen. Das Wasserversorgungsunternehmen ist danach gehalten, eine neue Ermessens-entscheidung zu treffen, ob ein Austausch des Wasserzählers unter Berücksich-tigung des aktuellen Standes der Technik im Interesse des Kunden vorzunehmen ist. Das Landgericht hat zu Unrecht eine fehlerfreie Ermessensentscheidung des Versorgungsunternehmens angenommen. Es hat insbesondere keine ausreichenden Feststellungen zum aktuellen Stand der Technik getroffen.

    Die Sache ist an das Landgericht zurückverwiesen worden, damit nähere Feststellungen dazu getroffen werden können, ob ein Wasserzähler Qn 2,5 in der Wohnanlage der Klägerin dem Stand der Technik entspricht.

    *§ 18 AVBWasserV (Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser )



    (2) 1Das Wasserversorgungsunternehmen hat dafür Sorge zu tragen, daß eine einwandfreie Messung der verbrauchten Wassermenge gewährleistet ist. 2Es bestimmt Art, Zahl und Größe sowie Anbringungsort der Meßeinrichtungen. 3Ebenso ist die Lieferung, Anbringung, Überwachung, Unterhaltung und Entfernung der Meßeinrichtungen Aufgabe des Unternehmens. 4Es hat den Kunden und den Anschlußnehmer anzuhören und deren berechtigte Interessen zu wahren. 5Es ist verpflichtet, auf Verlangen des Kunden oder des Hauseigentümers die Meßeinrichtungen zu verlegen, wenn dies ohne Beeinträchtigung einer einwandfreien Messung möglich ist; der Kunde oder der Hauseigentümer ist verpflichtet, die Kosten zu tragen.

    Urteil vom 21. April 2010 – VIII ZR 97/09
    AG Leipzig, Urteil vom 2. November 2007 – 118 C 6257/07
    LG Leipzig, Urteil vom 26. März 2009 – 1 S 636/07
    Karlsruhe, den 21. April 2010
    Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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  • BGH zur Opfergrenze bei Mängelbeseitigungsanspruch

    BGH-Presseerklärung Nr. 83/2010

    Bundesgerichtshof zum Mängelbeseitigungsanspruch des Mieters und zum Erreichen der "Opfergrenze" für den Vermieter

    Der Bundesgerichtshof hat heute eine Entscheidung in einem Fall getroffen, in dem die Mieterin eines Einfamilienhauses von der Vermieterin die Zahlung eines hohen Kostenvorschusses für die Beseitigung erheblicher Mängel des Hauses verlangt. Die Vermieterin meint, sie sei zur Beseitigung der Mängel nicht verpflichtet, weil der dazu erforderliche Aufwand die "Opfergrenze" überschreite.

    Die Klägerin verlangt von ihrer Vermieterin die Zahlung eines Kostenvorschusses für die Beseitigung von Mängeln an dem von ihr seit 1988 gemieteten Einfamilienhaus in Dresden. Sie beziffert die Kosten für die Beseitigung der an den Innen- und Außenwänden des Hauses vorhandenen Risse sowie für die Beseitigung von weiteren Schäden auf 47.500 €. Diesen Betrag macht sie mit der Klage geltend. Die Vermieterin wendet ein, dass die Kosten mindestens doppelt so hoch seien und ihr eine Beseitigung der Mängel im Hinblick darauf, dass der Verkehrswert des Hauses nur bei 28.000 € liege, nicht zumutbar sei.

    Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Vermieterin antragsgemäß verurteilt und dies damit begründet, dass die Mieterin gemäß § 536a BGB* Anspruch auf einen zweckgebundenen Vorschuss in Höhe der zu erwartenden Mangelbeseitigungskosten habe.

    Die dagegen gerichtete Revision der Vermieterin hatte Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Voraussetzungen für den geltend gemachten Vorschussanspruch schon deshalb gegenwärtig nicht erfüllt sind, weil die von der Mieterin beabsichtigten Reparaturen zwecklos sind, solange nicht die Ursachen der Rissbildung erforscht und beseitigt worden sind. Zwecklose Maßnahmen sind ungeeignet und damit nicht erforderlich im Sinne des § 536a Abs. 2 BGB.

    Auch die weiteren Ausführungen des Landgerichts sind als fehlerhaft beanstandet worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs endet die Verpflichtung des Vermieters zur Beseitigung eines Mangels dort, wo der dazu erforderliche Aufwand die "Opfergrenze" überschreitet. Wann diese Zumutbarkeitsgrenze überschritten ist, muss von Fall zu Fall wertend ermittelt werden. Erforderlich ist dabei eine Würdigung aller Umstände. Es darf kein krasses Missverhältnis entstehen zwischen dem Reparaturaufwand einerseits und dem Nutzen der Reparatur für den Mieter sowie dem Wert des Mietobjekts andererseits. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang unterstellt, dass einem aktuellen Verkehrswert des Hauses von 28.000 € Sanierungskosten in Höhe von mindestens 95.000 € gegenüber stehen und damit jedenfalls rechnerisch ein grobes Missverhältnis zwischen dem behaupteten Verkehrswert und der behaupteten Höhe der Sanierungskosten vorliegt. Es hat jedoch angenommen, dass die Beklagte sich aufgrund der Umstände des Falles auf das - zu unterstellende - Missverhältnis nach Treu und Glauben nicht berufen könne. Diese Annahme ist aber nach den bisherigen Tatsachenfeststellungen des Landgerichts nicht gerechtfertigt.

    Die Sache ist an das Landgericht zurückverwiesen worden, damit die erforderlichen Feststellungen getroffen werden können, ob die von der Mieterin beabsichtigten Reparaturen zur nachhaltigen Mangelbeseitigung geeignet sind, wie sich das Verhältnis von Sanierungskosten und Verkehrswert der Immobilie tatsächlich darstellt und ob es der Vermieterin unter Berücksichtigung dieser und der weiteren Umstände zugemutet werden kann, die Mängel zu beseitigen.

    *§ 536a BGB: Schadens- und Aufwendungsersatzanspruch des Mieters wegen eines Mangels

    (1) Ist ein Mangel im Sinne des § 536 bei Vertragsschluss vorhanden oder entsteht ein solcher Mangel später wegen eines Umstands, den der Vermieter zu vertreten hat, oder kommt der Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug, so kann der Mieter unbeschadet der Rechte aus § 536 Schadensersatz verlangen.

    (2) Der Mieter kann den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn

    1.der Vermieter mit der Beseitigung des Mangels in Verzug ist oder

    2.die umgehende Beseitigung des Mangels zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestands der Mietsache notwendig ist.

    Urteil vom 21. April 2010 – VIII ZR 131/09
    AG Dresden -Urteil vom 5. September 2008 – 141 C 2898/08
    LG Dresden - Urteil vom 22. April 2009 – 4 S 479/08
    Karlsruhe, den 21. April 2010
    Pressestelle des Bundesgerichtshofs

  • Diskussionen
  • Donnerstag, März 25, 2010

    "Steuern senken" und Grunderwerbsteuer steigt

    Bis 2006 war die den Bundesländern zufließende Grunderwerbsteuer vom Bund zentral vorgegeben, betrug zuletzt 3,5 Prozent. Seither dürfen die Bundesländer entscheiden. Hamburg und Berlin erhöhten auf 4,5 Prozent. Jetzt folgt Sachsen-Anhalt, demnächst Bremen.
    Da auch andere Grundstückskaufnebenkosten anstiegen, z.B. die Maklerkosten infolge der Umsatzsteuererhöhungen, kann längst nicht mehr mit dem klassischen 12-Prozent-Aufschlag kalkuliert werden, stattdessen sicherheitshalber mit 14 Prozent.
    Damit verliert Wohneigentum an Attraktivität für Leute, die Eigentum statt Miete wohnen, aber möglicherweise schon nach wenigen Jahren Jobangeboten hinterher ziehen müssen, denn die hohen Kaufnebenkosten sind nur bei ausgesprochen "günstigen Entwicklungen" an "Wertsteigerung" bzw. in der Regel nur Inflationsausgleich zu erwarten.
    Wer bspw. eine Eigentumswohnung zum Preis von 200.000 € erwirbt, nach zwei Jahren zum selben Wert wieder loszuwerden schafft, zahlt bislang 7000 €, künftig 9000 € drauf.
    Wer Kauf und Miete vergleicht, muss neben den Zinskosten und Reparaturkosten den erhöhten Fehlbetrag auf die Wohnmonate umlegen. In diesem Beispiel sind das zusätzliche 83,33 € pro Monat, aber kaum jemand kann schaffen, eine Eigentumswohnung termingenau zu erwerben oder gar zu veräußern.

    Markus Rabanus >> Diskussion

    Montag, März 22, 2010

    BGH zur ImmoFonds-Prospekthaftung

    Nr. 58/2010 Bundesgerichtshof zur Prospekthaftung bei geschlossenen Immobilienfonds der GEHAG in Berlin

    Die Beklagte, die GEHAG GmbH, ist Gründungsgesellschafterin des GEHAG-Fonds 11 und noch weiterer gleichartiger geschlossener Immobilienfonds, an denen sich in den 90er Jahren zahlreiche Anleger aus dem gesamten Bundesgebiet beteiligt haben. Die GEHAG-Anteile wurden mehrheitlich vom Land Berlin gehalten. Alle Fonds haben ähnliche, aber nicht stets wortgleiche Prospekte.

    Die Fonds waren gegründet worden, um Wohnanlagen - größtenteils im sozialen Wohnungsbau - zu errichten und zu vermieten. Das Land Berlin bezuschusste teilweise die Mieten. Diese Hilfen wurden für 15 Jahre ab Bezugsfertigkeit bewilligt. Üblicherweise schloss sich daran eine ebenfalls 15-jährige "Anschlussförderung" an. Abweichend von dieser Verwaltungsübung beschloss der Berliner Senat im Februar 2003 mit Rücksicht auf die desolate finanzielle Situation der Stadt den Verzicht auf die Anschlussförderung für solche Bauvorhaben, bei denen die Grundförderung nach dem 30.12.2002 endete. Darunter fielen auch die GEHAG-Fonds 11, 15 und 18.

    Die Klägerin verlangt wegen Prospektmängeln u. a. Ersatz ihrer Einlage und Freistellung von der quotalen Haftung für das von der Gesellschaft aufgenommene Bankdarlehen. Damit ist sie in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Anders als bei den Fonds 10 und 20 hat das Berufungsgericht beim Fonds 11 wie auch in anderen Verfahren bei den Fonds 15 und 18 einen Prospektfehler angenommen, weil die Anschlussförderung als gesichert dargestellt worden sei; es hat gleichwohl die Klage abgewiesen, weil es den Fehler nicht als ursächlich für die Beitrittsentscheidung angesehen hat. Dagegen wendet sich die Revision ebenso wie gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass wegen der Darstellung der quotalen Haftung der Anleger für Schulden des Fonds kein Prospektfehler anzunehmen sei.

    Die von dem für das Gesellschaftsrecht zuständigen II. Zivilsenat in diesem und in 10 weiteren Fällen zugelassene Revision führte zur Aufhebung der Berufungsurteile und Zurückverweisung der Sachen an das Berufungsgericht.

    Der II. Senat hat dem Berufungsgericht zugestimmt, dass anders als die Darstellung der quotalen Haftung die Prospektformulierungen zur Anschlussförderung fehlerhaft sind. Denn diese erwecken den Eindruck, die Anschlussförderung sei gesichert, obwohl es tatsächlich keinen Rechtsanspruch darauf gegeben hat. Diese Aussage ist auch dann unrichtig i. S. d. Prospekthaftungsrechtsprechung, wenn man mit dem Berufungsgericht davon ausgeht, dass bei der Zeichnung der Fonds in der ersten Hälfte der 90er Jahre allgemein erwartet wurde, das Land Berlin werde den sozialen Wohnungsbau weiterhin fördern.

    Im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der II. Senat angenommen, dass eine fehlerhafte Aufklärung nach der Lebenserfahrung ursächlich für die Anlageentscheidung ist. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt allenfalls bei hochspekulativen Geschäften in Betracht. Ein Immobilienfonds ist aber keine derart spekulative Anlageform. Bei einem zutreffenden Hinweis auf die rechtliche Ungewissheit der Anschlussförderung wäre es für einen durchschnittlichen Anlageinteressenten durchaus vernünftig gewesen, nicht in dieses Vorhaben zu investieren. Unabhängig von der Anschlussförderung konnte der Anleger mit der Anlage zwar Steuern sparen. Er riskierte aber, dass der Fonds bei Ausbleiben der Anschlussförderung nach 15 Jahren insolvent wurde und damit das investierte Kapital verloren wäre. Dem standen keine adäquaten Gewinnchancen gegenüber; das hat auch die Beklagte selbst eingeräumt, die nämlich erklärt hat: "Ohne Anschlussförderung hätte kein Investor dieser Welt auch nur eine einzige Wohnung in Berlin in diesem Marktsegment gebaut."

    Das Recht des Anlegers, das Für und Wider selbst abzuwägen und seine Anlageentscheidung in eigener Verantwortung zu treffen, wird in diesen Fällen auch durch unzutreffende Informationen über Umstände, für deren Eintritt eine nur geringe Wahr-scheinlichkeit besteht, beeinträchtigt.

    Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens hat die Beklagte bisher nicht widerlegt. Da noch von der Beklagten angebotene Beweise erhoben werden müssen, hat der II. Senat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

    Fonds 11: II ZR 66/08, II ZR 184/08, II ZR 185/08, II ZR 198/08, II ZR 3/09
    Fonds 15: II ZR 162/08, II ZR 181/08, II ZR 193/08, II ZR 215/08
    Fonds 18: II ZR168/08, II ZR 178/08
    II ZR 66/08
    LG Berlin – 4a O 342/05 – Entscheidung vom 24. April 2007
    KG – 26 U 102/07 – Entscheidung vom 13. Februar 2008
    Karlsruhe, den 22. März 2010

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    KOMMENTAR: Welcher Esel verfasste den Prospekt, bekam wie viel Geld dafür und haftet nun nicht?
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