Mittwoch, April 21, 2010

BGH zur Opfergrenze bei Mängelbeseitigungsanspruch

BGH-Presseerklärung Nr. 83/2010

Bundesgerichtshof zum Mängelbeseitigungsanspruch des Mieters und zum Erreichen der "Opfergrenze" für den Vermieter

Der Bundesgerichtshof hat heute eine Entscheidung in einem Fall getroffen, in dem die Mieterin eines Einfamilienhauses von der Vermieterin die Zahlung eines hohen Kostenvorschusses für die Beseitigung erheblicher Mängel des Hauses verlangt. Die Vermieterin meint, sie sei zur Beseitigung der Mängel nicht verpflichtet, weil der dazu erforderliche Aufwand die "Opfergrenze" überschreite.

Die Klägerin verlangt von ihrer Vermieterin die Zahlung eines Kostenvorschusses für die Beseitigung von Mängeln an dem von ihr seit 1988 gemieteten Einfamilienhaus in Dresden. Sie beziffert die Kosten für die Beseitigung der an den Innen- und Außenwänden des Hauses vorhandenen Risse sowie für die Beseitigung von weiteren Schäden auf 47.500 €. Diesen Betrag macht sie mit der Klage geltend. Die Vermieterin wendet ein, dass die Kosten mindestens doppelt so hoch seien und ihr eine Beseitigung der Mängel im Hinblick darauf, dass der Verkehrswert des Hauses nur bei 28.000 € liege, nicht zumutbar sei.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Vermieterin antragsgemäß verurteilt und dies damit begründet, dass die Mieterin gemäß § 536a BGB* Anspruch auf einen zweckgebundenen Vorschuss in Höhe der zu erwartenden Mangelbeseitigungskosten habe.

Die dagegen gerichtete Revision der Vermieterin hatte Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Voraussetzungen für den geltend gemachten Vorschussanspruch schon deshalb gegenwärtig nicht erfüllt sind, weil die von der Mieterin beabsichtigten Reparaturen zwecklos sind, solange nicht die Ursachen der Rissbildung erforscht und beseitigt worden sind. Zwecklose Maßnahmen sind ungeeignet und damit nicht erforderlich im Sinne des § 536a Abs. 2 BGB.

Auch die weiteren Ausführungen des Landgerichts sind als fehlerhaft beanstandet worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs endet die Verpflichtung des Vermieters zur Beseitigung eines Mangels dort, wo der dazu erforderliche Aufwand die "Opfergrenze" überschreitet. Wann diese Zumutbarkeitsgrenze überschritten ist, muss von Fall zu Fall wertend ermittelt werden. Erforderlich ist dabei eine Würdigung aller Umstände. Es darf kein krasses Missverhältnis entstehen zwischen dem Reparaturaufwand einerseits und dem Nutzen der Reparatur für den Mieter sowie dem Wert des Mietobjekts andererseits. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang unterstellt, dass einem aktuellen Verkehrswert des Hauses von 28.000 € Sanierungskosten in Höhe von mindestens 95.000 € gegenüber stehen und damit jedenfalls rechnerisch ein grobes Missverhältnis zwischen dem behaupteten Verkehrswert und der behaupteten Höhe der Sanierungskosten vorliegt. Es hat jedoch angenommen, dass die Beklagte sich aufgrund der Umstände des Falles auf das - zu unterstellende - Missverhältnis nach Treu und Glauben nicht berufen könne. Diese Annahme ist aber nach den bisherigen Tatsachenfeststellungen des Landgerichts nicht gerechtfertigt.

Die Sache ist an das Landgericht zurückverwiesen worden, damit die erforderlichen Feststellungen getroffen werden können, ob die von der Mieterin beabsichtigten Reparaturen zur nachhaltigen Mangelbeseitigung geeignet sind, wie sich das Verhältnis von Sanierungskosten und Verkehrswert der Immobilie tatsächlich darstellt und ob es der Vermieterin unter Berücksichtigung dieser und der weiteren Umstände zugemutet werden kann, die Mängel zu beseitigen.

*§ 536a BGB: Schadens- und Aufwendungsersatzanspruch des Mieters wegen eines Mangels

(1) Ist ein Mangel im Sinne des § 536 bei Vertragsschluss vorhanden oder entsteht ein solcher Mangel später wegen eines Umstands, den der Vermieter zu vertreten hat, oder kommt der Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug, so kann der Mieter unbeschadet der Rechte aus § 536 Schadensersatz verlangen.

(2) Der Mieter kann den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn

1.der Vermieter mit der Beseitigung des Mangels in Verzug ist oder

2.die umgehende Beseitigung des Mangels zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestands der Mietsache notwendig ist.

Urteil vom 21. April 2010 – VIII ZR 131/09
AG Dresden -Urteil vom 5. September 2008 – 141 C 2898/08
LG Dresden - Urteil vom 22. April 2009 – 4 S 479/08
Karlsruhe, den 21. April 2010
Pressestelle des Bundesgerichtshofs

  • Diskussionen
  • Donnerstag, März 25, 2010

    "Steuern senken" und Grunderwerbsteuer steigt

    Bis 2006 war die den Bundesländern zufließende Grunderwerbsteuer vom Bund zentral vorgegeben, betrug zuletzt 3,5 Prozent. Seither dürfen die Bundesländer entscheiden. Hamburg und Berlin erhöhten auf 4,5 Prozent. Jetzt folgt Sachsen-Anhalt, demnächst Bremen.
    Da auch andere Grundstückskaufnebenkosten anstiegen, z.B. die Maklerkosten infolge der Umsatzsteuererhöhungen, kann längst nicht mehr mit dem klassischen 12-Prozent-Aufschlag kalkuliert werden, stattdessen sicherheitshalber mit 14 Prozent.
    Damit verliert Wohneigentum an Attraktivität für Leute, die Eigentum statt Miete wohnen, aber möglicherweise schon nach wenigen Jahren Jobangeboten hinterher ziehen müssen, denn die hohen Kaufnebenkosten sind nur bei ausgesprochen "günstigen Entwicklungen" an "Wertsteigerung" bzw. in der Regel nur Inflationsausgleich zu erwarten.
    Wer bspw. eine Eigentumswohnung zum Preis von 200.000 € erwirbt, nach zwei Jahren zum selben Wert wieder loszuwerden schafft, zahlt bislang 7000 €, künftig 9000 € drauf.
    Wer Kauf und Miete vergleicht, muss neben den Zinskosten und Reparaturkosten den erhöhten Fehlbetrag auf die Wohnmonate umlegen. In diesem Beispiel sind das zusätzliche 83,33 € pro Monat, aber kaum jemand kann schaffen, eine Eigentumswohnung termingenau zu erwerben oder gar zu veräußern.

    Markus Rabanus >> Diskussion

    Montag, März 22, 2010

    BGH zur ImmoFonds-Prospekthaftung

    Nr. 58/2010 Bundesgerichtshof zur Prospekthaftung bei geschlossenen Immobilienfonds der GEHAG in Berlin

    Die Beklagte, die GEHAG GmbH, ist Gründungsgesellschafterin des GEHAG-Fonds 11 und noch weiterer gleichartiger geschlossener Immobilienfonds, an denen sich in den 90er Jahren zahlreiche Anleger aus dem gesamten Bundesgebiet beteiligt haben. Die GEHAG-Anteile wurden mehrheitlich vom Land Berlin gehalten. Alle Fonds haben ähnliche, aber nicht stets wortgleiche Prospekte.

    Die Fonds waren gegründet worden, um Wohnanlagen - größtenteils im sozialen Wohnungsbau - zu errichten und zu vermieten. Das Land Berlin bezuschusste teilweise die Mieten. Diese Hilfen wurden für 15 Jahre ab Bezugsfertigkeit bewilligt. Üblicherweise schloss sich daran eine ebenfalls 15-jährige "Anschlussförderung" an. Abweichend von dieser Verwaltungsübung beschloss der Berliner Senat im Februar 2003 mit Rücksicht auf die desolate finanzielle Situation der Stadt den Verzicht auf die Anschlussförderung für solche Bauvorhaben, bei denen die Grundförderung nach dem 30.12.2002 endete. Darunter fielen auch die GEHAG-Fonds 11, 15 und 18.

    Die Klägerin verlangt wegen Prospektmängeln u. a. Ersatz ihrer Einlage und Freistellung von der quotalen Haftung für das von der Gesellschaft aufgenommene Bankdarlehen. Damit ist sie in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Anders als bei den Fonds 10 und 20 hat das Berufungsgericht beim Fonds 11 wie auch in anderen Verfahren bei den Fonds 15 und 18 einen Prospektfehler angenommen, weil die Anschlussförderung als gesichert dargestellt worden sei; es hat gleichwohl die Klage abgewiesen, weil es den Fehler nicht als ursächlich für die Beitrittsentscheidung angesehen hat. Dagegen wendet sich die Revision ebenso wie gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass wegen der Darstellung der quotalen Haftung der Anleger für Schulden des Fonds kein Prospektfehler anzunehmen sei.

    Die von dem für das Gesellschaftsrecht zuständigen II. Zivilsenat in diesem und in 10 weiteren Fällen zugelassene Revision führte zur Aufhebung der Berufungsurteile und Zurückverweisung der Sachen an das Berufungsgericht.

    Der II. Senat hat dem Berufungsgericht zugestimmt, dass anders als die Darstellung der quotalen Haftung die Prospektformulierungen zur Anschlussförderung fehlerhaft sind. Denn diese erwecken den Eindruck, die Anschlussförderung sei gesichert, obwohl es tatsächlich keinen Rechtsanspruch darauf gegeben hat. Diese Aussage ist auch dann unrichtig i. S. d. Prospekthaftungsrechtsprechung, wenn man mit dem Berufungsgericht davon ausgeht, dass bei der Zeichnung der Fonds in der ersten Hälfte der 90er Jahre allgemein erwartet wurde, das Land Berlin werde den sozialen Wohnungsbau weiterhin fördern.

    Im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der II. Senat angenommen, dass eine fehlerhafte Aufklärung nach der Lebenserfahrung ursächlich für die Anlageentscheidung ist. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt allenfalls bei hochspekulativen Geschäften in Betracht. Ein Immobilienfonds ist aber keine derart spekulative Anlageform. Bei einem zutreffenden Hinweis auf die rechtliche Ungewissheit der Anschlussförderung wäre es für einen durchschnittlichen Anlageinteressenten durchaus vernünftig gewesen, nicht in dieses Vorhaben zu investieren. Unabhängig von der Anschlussförderung konnte der Anleger mit der Anlage zwar Steuern sparen. Er riskierte aber, dass der Fonds bei Ausbleiben der Anschlussförderung nach 15 Jahren insolvent wurde und damit das investierte Kapital verloren wäre. Dem standen keine adäquaten Gewinnchancen gegenüber; das hat auch die Beklagte selbst eingeräumt, die nämlich erklärt hat: "Ohne Anschlussförderung hätte kein Investor dieser Welt auch nur eine einzige Wohnung in Berlin in diesem Marktsegment gebaut."

    Das Recht des Anlegers, das Für und Wider selbst abzuwägen und seine Anlageentscheidung in eigener Verantwortung zu treffen, wird in diesen Fällen auch durch unzutreffende Informationen über Umstände, für deren Eintritt eine nur geringe Wahr-scheinlichkeit besteht, beeinträchtigt.

    Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens hat die Beklagte bisher nicht widerlegt. Da noch von der Beklagten angebotene Beweise erhoben werden müssen, hat der II. Senat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

    Fonds 11: II ZR 66/08, II ZR 184/08, II ZR 185/08, II ZR 198/08, II ZR 3/09
    Fonds 15: II ZR 162/08, II ZR 181/08, II ZR 193/08, II ZR 215/08
    Fonds 18: II ZR168/08, II ZR 178/08
    II ZR 66/08
    LG Berlin – 4a O 342/05 – Entscheidung vom 24. April 2007
    KG – 26 U 102/07 – Entscheidung vom 13. Februar 2008
    Karlsruhe, den 22. März 2010

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    KOMMENTAR: Welcher Esel verfasste den Prospekt, bekam wie viel Geld dafür und haftet nun nicht?
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  • Mittwoch, März 10, 2010

    BGH zu falschen Mietflächenangaben

    Nr. 53/2010 [b]Mietminderung wegen Wohnflächenunterschreitung: Keine zusätzliche Toleranzschwelle bei "ca."-Zusatz [/b]

    Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass bei der Berechnung der Mietminderung wegen Unterschreitung der im Mietvertrag angegebenen Wohnfläche auch dann keine zusätzliche Toleranzschwelle zu berücksichtigen ist, wenn die Wohnflächenangabe im Vertrag einen "ca."-Zusatz enthält.

    Die Kläger waren bis Ende 2007 Mieter einer Wohnung des Beklagten in Aachen. Die Wohnungsgröße ist im Mietvertrag mit "ca. 100 m²" angegeben. Die monatlich zu zahlende Miete betrug zuletzt rund 500 €. Im Januar 2008 forderten die Mieter den Vermieter zur Rückzahlung von in den Jahren 2002 bis 2007 überzahlter Miete auf und begründeten dies damit, dass die Wohnung lediglich über eine Wohnfläche von 81 Quadratmetern verfüge. Das Amtsgericht hat der auf Rückzahlung von rund 6.800 € gerichteten Klage teilweise stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die Berufung der Mieter hat das Landgericht zurückgewiesen und dabei die Auffassung vertreten, dass die Minderung nicht aus einer Wohnfläche von 100 Quadratmetern, sondern im Hinblick auf die "ca."-Angabe im Vertrag lediglich aus einer Fläche 95 Quadratmetern zu berechnen sei.

    Die dagegen gerichtete Revision der Mieter hatte Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass dem relativierenden Zusatz "ca." für die Bemessung der Mietminderung (§ 536 Abs. 1 BGB*) keine Bedeutung zukommt. Die Minderung soll die Herabsetzung der Gebrauchstauglichkeit ausgleichen. Daraus folgt, dass die Höhe des Minderungsbetrages dem Umfang der Mangelhaftigkeit zu entsprechen hat. Die Mangelhaftigkeit liegt aber darin, dass die Wohnfläche mehr als zehn Prozent von der angegebenen Quadratmeterzahl abweicht.

    Damit hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung bekräftigt, dass die Abweichung von einer als Beschaffenheit vereinbarten Wohnfläche um mehr als zehn Prozent zum Nachteil des Mieters einen zur Minderung berechtigenden Sachmangel darstellt. Das gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann, wenn der Mietvertrag zur Größe der Wohnfläche nur eine "ca."-Angabe enthält (vgl. z.B. Urteil vom 22. April 2009 – VIII ZR 86/08, Pressemitteilung Nr. 85/2009). Mit der jetzigen Entscheidung wird klargestellt, dass der relativierende Zusatz "ca." auch bei der Berechnung der Minderung keine zusätzliche Toleranzschwelle (wie hier vom Landgericht angenommen: fünf Prozent) rechtfertigt.

    Die Sache ist an das Landgericht zurückverwiesen worden, weil weitere Feststellungen zur tatsächlichen Wohnungsgröße unter Berücksichtigung einer Terrassenfläche zu treffen sind.

    *§ 536 BGB: Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln

    Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.


    Urteil vom 10. März 2010 – VIII ZR 144/09
    AG Aachen, Urteil vom 14. Januar 2009 – 101 C 85/08
    LG Aachen, Urteil vom 22. Mai 2009 – 6 S 35/09
    Karlsruhe, den 10. März 2010
    Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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  • Mittwoch, Februar 17, 2010

    BGH: Unverjährbarkeit von Mietmängeln

    BGH-Presseerklärung Nr. 37/2010 Anspruch des Mieters auf Mangelbeseitigung während der Mietzeit unverjährbar

    Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass der Anspruch eines Mieters gegen den Vermieter auf Beseitigung von Mängeln während der Mietzeit unverjährbar ist.

    Die Klägerin ist seit 1959 Mieterin einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus der Beklagten. Das über der Wohnung der Klägerin liegende Dachgeschoss war im Jahr 1990 zu Wohnzwecken ausgebaut worden. Im Oktober 2006 verlangte die Klägerin von den Beklagten schriftlich die Herstellung einer ausreichenden Schallschutzisolierung der Dachgeschosswohnung. Sie ließ im Jahr 2007 ein Beweissicherungsverfahren durchführen, bei dem festgestellt wurde, dass der Schallschutz unzureichend ist. Mit der Klage hat die Mieterin eine Verbesserung des Trittschallschutzes in der Dachgeschosswohnung verlangt. Die beklagten Vermieter haben Verjährung geltend gemacht. Vor dem Amtsgericht ist die Klage erfolglos geblieben. Das Landgericht hat ihr auf die Berufung der Klägerin stattgegeben.

    Die dagegen gerichtete Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Mietgebrauch der Klägerin durch den unzureichenden Schallschutz beeinträchtigt wird und sie deshalb gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB* Herstellung des erforderlichen Schallschutzes verlangen kann. Dieser Anspruch ist nicht verjährt. Der Anspruch des Mieters auf Beseitigung eines Mangels als Teil des Gebrauchserhaltungsanspruchs ist während der Mietzeit unverjährbar. Bei der Hauptleistungspflicht des Vermieters aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB handelt es sich um eine in die Zukunft gerichtete Dauerverpflichtung. Diese Pflicht erschöpft sich nicht in einer einmaligen Handlung des Überlassens, sondern geht dahin, die Mietsache während der gesamten Mietzeit in einem gebrauchstauglichen Zustand zu erhalten. Eine solche vertragliche Dauerverpflichtung kann während des Bestehens des Vertragsverhältnisses schon begrifflich nicht verjähren, denn sie entsteht während dieses Zeitraums gleichsam ständig neu.

    *§ 535 BGB: Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags

    (1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

    (2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

    Urteil vom 17. Februar 2010 – VIII ZR 104/09
    AG Düren, Urteil vom 4. November 2008 - 46 C 303/08
    LG Aachen, Urteil vom 9. April 2009 - 2 S 333/08
    Karlsruhe, den 17. Februar 2010
    Pressestelle des Bundesgerichtshofs

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  • Mittwoch, Dezember 30, 2009

    Hausratversicherung & Wasserschaden

    In einem von uns betreuten Schadensfall (Wasserrohrbruch mit erheblichem Inventarschaden) teilte die Hausratversicherung mit, dass keinerlei Wasserschäden inbegriffen seien.

    Da Wasserschäden zu den gewöhnlichsten Schadensereignissen zählen, z.B. auslaufender Geschirrspüler, halten wir solchen Risikoausschluss (per AGB) für unzulässig, weil für den Versicherten überraschend benachteiligend.

    Zumindest halten wir solchen Risikoausschluss für einen Beratungsfehler seitens der Versicherungsagentur und raten deshalb zunächst zur schriftlichen Klageandrohung, dann zur Klage.

    msr >> Diskussion

    Mittwoch, November 11, 2009

    BGH: Kosten für Öltankreinigung umlagezulässig

    Nr. 229/2009 Umlage der Kosten für Öltankreinigung auf den Mieter zulässig

    Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Vermieter von Wohnraum die Kosten für die Reinigung eines Öltanks auf den Mieter umlegen darf.

    Der Kläger ist Mieter einer Wohnung der Beklagten. Er hat mit seiner Klage die Rückzahlung von Betriebskostenvorauszahlungen für die Abrechnungsjahre 2003/2004, 2004/2005 und 2005/2006 begehrt. Im Streit ist noch ein Betrag von 103,50 €, mit dem der Kläger in der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2004/2005 belastet worden ist. Hierbei handelt es sich um den auf die Wohnung des Klägers entfallenden Anteil für die in diesem Zeitraum durchgeführte Reinigung des Öltanks, die gemäß Rechnung der K. GmbH vom 28. Juni 2005 insgesamt 606,68 € kostete.

    Der Kläger ist der Auffassung, dass diese Kosten zu Unrecht in die Betriebskostenabrechnung eingestellt worden seien, und begehrt Rückzahlung des auf ihn umgelegten Betrages von 103,50 € nebst Zinsen. Das Amtsgericht hat die Klage insoweit abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers hatte keinen Erfolg.

    Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Beklagten berechtigt sind, die in dem Abrechnungszeitraum 2004/2005 angefallenen Kosten für die Reinigung des Öltanks in die Betriebskosten für diesen Zeitraum einzustellen. Diese Kosten stellen umlagefähige Betriebskosten dar, denn nach § 2 Nr. 4 Buchst. a BetrKV sind als Kosten des Betriebs der zentralen Heizungsanlage ausdrücklich die Kosten der Reinigung der Anlage, wozu auch der Brennstofftank gehört, aufgeführt.

    Entgegen der von einem Teil der Instanzgerichte vertretenen abweichenden Auffassung handelt es sich nicht um – nicht umlagefähige – Instandhaltungskosten. Kosten der Instandsetzung und Instandhaltung werden durch Reparatur und Wiederbeschaffung verursacht oder müssen zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs aufgewendet werden, um die durch Abnutzung, Alterung oder Witterungseinwirkung entstehenden baulichen Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen; sie betreffen deshalb Mängel an der Substanz der Immobilie oder ihrer Teile. Die von Zeit zu Zeit erforderlich werdende Reinigung des Öltanks dient dagegen nicht der Vorbeugung oder der Beseitigung von Mängeln an der Substanz der Heizungsanlage, sondern der Aufrechterhaltung ihrer Funktionsfähigkeit und stellt damit keine Instandhaltungsmaßnahme dar. Ferner handelt es sich auch - wie nach § 2 Nr. 4 Buchst. a BetrKV erforderlich - um "laufend entstehende" Kosten, auch wenn Tankreinigungen nur in Abständen von mehreren Jahren durchgeführt werden; ein solcher mehrjähriger Turnus reicht aus, um die wiederkehrenden Belastungen als laufend entstehende Kosten anzusehen.

    Der Bundesgerichtshof hat weiter entschieden, dass der Vermieter nicht verpflichtet ist, die jeweils nur im Abstand von mehreren Jahren anfallenden Tankreinigungskosten auf mehrere Abrechnungsperioden aufzuteilen. Sie dürfen vielmehr – ebenso wie etwa die im vierjährigen Turnus entstehenden Kosten der Überprüfung einer Elektroanlage (BGH, Urteil vom 14. Februar 2007 – VIII ZR 123/06, NJW 2007, 1356) – grundsätzlich in dem Abrechnungszeitraum umgelegt werden, in dem sie entstehen.

    Urteil vom 11. November 2009 - VIII ZR 221/08
    AG Wiesloch – Urteil vom 1. Februar 2008 - 2 C 39/07
    LG Heidelberg – Urteil vom 18. Juli 2008 - 5 S 14/08
    Karlsruhe, den 11. November 2009
    Pressestelle des Bundesgerichtshofs

    Dienstag, Oktober 06, 2009

    BVerfG zu Hausverbot in WEG-Anlage

    Die Verfassungsbeschwerde betrifft Gerichtsentscheidungen zu einem Hausverbot, das eine Wohnungseigentümerversammlung gegen den Besucher einer Wohnungseigentümerin ausgesprochen hat. Die Wohnungseigentümerin und Beschwerdeführerin ist an einer schizoaffektiven Psychose erkrankt, die mit Verhaltensauffälligkeiten in Form von Weinen, Schreien und Hilferufen einhergeht. Mehrere der übrigen Wohnungseigentümer fühlen sich seit Jahren durch die Beschwerdeführerin und ihren Lebensgefährten Herrn R. in ihrer Nachtruhe gestört. Sie fassten in einer Wohnungseigentümerversammlung den Beschluss, Herrn R. ein Hausverbot zu erteilen. Die hiergegen von der Beschwerdeführerin eingelegten Rechtsbehelfe blieben vor dem Amtsgericht Mainz und dem Landgericht Koblenz erfolglos. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung ihres Eigentumsgrundrechts.

    Die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die angegriffenen Gerichtsentscheidungen aufgehoben und die Sache an das Landgericht Koblenz zurückverwiesen. Die Entscheidungen werden den verfassungsrechtlichen Anforderungen der Eigentumsgarantie nicht gerecht (Art. 14 Abs. 1 GG). Das Eigentumsgrundrecht gibt dem Wohnungseigentümer die Befugnis, die Nutzung seines Wohnungseigentums aufgrund eigenverantwortlicher Entscheidung selbst zu bestimmen. Das umfasst vor allem auch das Recht, darüber zu entscheiden, ob eine Überlassung der Nutzung an Dritte oder eine gemeinschaftliche Nutzung mit Dritten erfolgt.

    Die Gerichte haben nicht verkannt, dass das Hausverbot im konkreten Fall nicht als Ausprägung des Hausrechts der Wohnungseigentümer zulässig ist.
    Denn es bezieht sich nicht nur auf den Aufenthalt im Gemeinschaftseigentum, zum Beispiel im Treppenhaus oder im Eingangsbereich, sondern auf das Sondereigentum der Beschwerdeführerin. Für dieses steht ihr das Hausrecht allein zu.

    Das beschlossene Hausverbot stellt vielmehr die Geltendmachung eines Anspruchs auf Unterlassung des Betretens und Verweilens in der Wohnung der Beschwerdeführerin dar (§ 1004 BGB). Folgerichtig untersuchen die Gerichte deshalb, ob ein rechtfertigender Grund für ein solches Hausverbot vorliegt. Sie stellen bei ihrer Prüfung allerdings lediglich darauf ab, dass Herr R. die einzige Kontaktperson der psychisch erkrankten Beschwerdeführerin sei und dass demgegenüber das Recht der übrigen Wohnungseigentümer auf ungestörte Nachtruhe schwerer wiege. Der Eingriff in das grundrechtlich geschützte Selbstbestimmungsrecht der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Nutzung ihres Sondereigentums und der Bestimmung des Zutritts zu ihm wird von den Gerichten hingegen nicht berücksichtigt. Das Amtsgericht weist nur pauschal darauf hin, dass kein unzulässiger Eingriff in das Sondereigentum der Beschwerdeführerin vorliege, weil eine störende Nutzungsart nicht vom Sondereigentum gedeckt sei. Von den Gerichten wird nicht erwogen, dass auch eine störende Nutzung im Hinblick auf die Eigentumsgarantie hinzunehmen sein kann.

    Die Gerichte haben zudem außer Acht gelassen, dass der Konflikt zwischen der für die Beschwerdeführerin streitenden Eigentumsgarantie und dem ebenfalls durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Recht der übrigen Wohnungseigentümer auf ungestörte Nutzung ihres eigenen Wohnungseigentums nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz fallbezogen zu lösen ist. Er fordert, dass nicht eine der widerstreitenden Rechtspositionen bevorzugt und maximal behauptet wird, sondern alle einen möglichst schonenden Ausgleich erfahren. Die fallbezogene Prüfung, ob der Ausspruch des Hausverbots zur Durchsetzung der Grundrechte der übrigen Eigentümer erforderlich war oder ob mildere Mittel ausgereicht hätten, das störende Verhalten zu beseitigen, haben die Gerichte aber nicht vorgenommen. Es ist nicht einmal ersichtlich, ob die Wohnungseigentümer Herrn R. zur Einhaltung der nächtlichen Ruhe aufgefordert haben. Erst wenn eine solche Aufforderung ohne Erfolg geblieben ist und aufgrund der psychischen Erkrankung der Beschwerdeführerin andere Maßnahmen keinen Erfolg versprechen, kann ein Hausverbot nach verfassungsrechtlichen Maßstäben in Betracht kommen, wobei dann eine Beschränkung auf die nächtliche Ruhezeit nahe liegt.

    Dementsprechend geht einfachrechtlich der Anspruch aus § 1004 BGB auch nur auf Unterlassung der Störung und nicht auf das Verbot eines bestimmten Verhaltens. Dem Störer muss grundsätzlich selbst überlassen bleiben, welche Mittel er einsetzt, um den Anspruch zu erfüllen. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn lediglich eine konkrete Handlung oder Unterlassung geeignet ist, das störende Verhalten abzustellen. Die Wohnungseigentümer konnten Herrn R. deshalb grundsätzlich nur auf das Unterlassen unzumutbarer Lärmbelästigungen in Anspruch nehmen, nicht jedoch von ihm verlangen, die Wohnung der Beschwerdeführerin nicht mehr zu betreten.

    Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -
    Pressemitteilung Nr. 123/2009 vom 27. Oktober 2009
    Beschluss vom 6. Oktober 2009 – 2 BvR 693/09 –
  • ImmoForum
  • Mittwoch, Juli 08, 2009

    Mieterhöhung bei falscher Flächenangabe

    Nr. 146/2009 Mieterhöhung bei Flächenabweichung in Mietwohnung

    Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte darüber zu entscheiden, ob bei einer Mieterhöhung nach § 558 BGB die vertraglich vereinbarte Wohnfläche auch dann zugrunde zu legen ist, wenn die tatsächliche Wohnfläche (zum Nachteil des Mieters) eine geringere Größe aufweist.

    Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung der Klägerin in Hamburg. In dem Mietvertrag ist die Wohnfläche mit 55,75 qm angegeben. Die tatsächliche Wohnfläche beträgt 51,03 qm. Mit Schreiben vom 24. November 2006 hat die Klägerin von der Beklagten die Zustimmung zu einer Mieterhöhung von 360,47 € auf 432,56 € entsprechend 7,76 € je qm ab dem 1. Februar 2007 verlangt. Sie hat dabei die im Mietvertrag angegebene Wohnfläche von 55,75 qm zugrunde gelegt.

    Das Amtsgericht hat der auf Zustimmung zur begehrten Mieterhöhung gerichteten Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.

    Der Bundesgerichthof hat entschieden, dass bei einem Mieterhöhungsverlangen nach § 558 BGB die im Mietvertrag angegebene Wohnfläche und nicht die geringere tatsächliche Wohnfläche zugrunde zu legen ist, wenn die Flächenabweichung nicht mehr als 10 % beträgt. In einem solchen Fall liegt die Abweichung innerhalb der Toleranzgrenze für die Verbindlichkeit von Wohnflächenvereinbarungen, wie sie der Senat auch für den Fall einer zum Nachteil des Vermieters wirkenden Flächenabweichung angenommen hat. Die vertragliche Festlegung einer größeren als der tatsächlich vorhandenen Wohnfläche ist keine Vereinbarung, die zum Nachteil des Mieters von den Bestimmungen der §§ 557, 558 BGB über Mieterhöhungen abweicht und deshalb gemäß 557 Abs. 4 bzw. § 558 Abs. 6 BGB unwirksam wäre. Diese Schutzvorschriften betreffen nur solche Abreden, welche die formellen oder materiellen Voraussetzungen einer Mieterhöhung nach § 558 BGB verändern. Mit der vertraglichen Festlegung auf eine bestimmte Wohnfläche haben die Parteien aber keine solche Vereinbarung getroffen. Die mittelbare Wirkung einer Wohnflächenvereinbarung auf die Miethöhe wird hingegen nicht vom Schutzzweck dieser Bestimmungen erfasst. Erst bei einer Überschreitung der Erheblichkeitsgrenze von 10 % ist es dem jeweils nachteilig betroffenen Vertragspartner nicht mehr zumutbar, sich an dieser Vereinbarung festhalten zu lassen, und infolgedessen die tatsächliche Wohnfläche maßgeblich.

    Urteil vom 8. Juli 2009 - VIII ZR 205/08
    AG Hamburg - Urteil vom 5. Dezember 2007 – 46 C 32/07
    LG Hamburg - Urteil vom 8. Juli 2008 – 316 S 22/08
    Karlsruhe, den 8. Juli 2009

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  • Freitag, Juni 05, 2009

    BGH zu Abschleppkosten bei Privatgrundstücken

    Abschleppkosten für unbefugt auf Privatgrundstücken abgestellte Kraftfahrzeuge

    Der u. a. für Rechtstreitigkeiten aus Eigentum und Besitz an Grundstücken zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass unbefugt auf fremden Grundstücken abgestellte Kraftfahrzeuge abgeschleppt werden dürfen und nur gegen Bezahlung der Abschleppkosten herausgegeben werden müssen. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

    Dem Beklagten gehört ein Grundstück, das als Parkplatz für mehrere Einkaufsmärkte genutzt wird. Auf diese Zweckbestimmung wird auf Schildern hingewiesen, ebenso darauf, dass widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge kostenpflichtig abgeschleppt werden.

    Am 20. April 2007 stellte der Kläger seinen PKW unbefugt auf dem Parkplatz ab. Zwischen 19.00 Uhr und 19.15 Uhr wurde sein Fahrzeug von einem Unternehmer abgeschleppt, der aufgrund Vertrages mit dem Beklagten beauftragt ist, die Nutzung des Parkplatzes zu kontrollieren und – unter bestimmten Voraussetzungen – widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge zu entfernen. Der Vertrag regelt auch die Höhe der Abschleppkosten. Der Kläger löste das Fahrzeug gegen Bezahlung der Abschleppkosten (150 €) sowie sog. Inkassokosten (15 €) aus und nimmt mit der vorliegenden Klage den Beklagten auf Erstattung der Kosten in Anspruch. Amts- und Landgericht haben die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Revision zur Klärung der Frage zugelassen, unter welchen Voraussetzung dem Besitzer bei unbefugt abgestellten Fahrzeugen ein Selbsthilferecht zusteht und ob er die Wahrnehmung der damit verbundenen Maßnahmen einem Abschleppunternehmen übertragen darf.

    Der Bundesgerichtshof hat beide Fragen bejaht und die Revision des Klägers insoweit zurückgewiesen. Er hat zunächst klar gestellt, dass der Rückzahlungsanspruch nur unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 BGB) begründet sein könne. Das setze voraus, dass der Beklagte kein Recht zum Abschleppen des Fahrzeugs gehabt habe und der Kläger deshalb nicht zur Zahlung der Abschleppkosten verpflichtet gewesen sei. Diese Voraussetzungen hat der Bundesgerichtshof als nicht gegeben angesehen. Er hat das unbefugte Abstellen des Fahrzeugs als Beeinträchtigung des unmittelbaren Besitzes des Beklagten an der Parkplatzfläche und damit als verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB) qualifiziert. Zur Beseitigung der Beeinträchtigung habe der Beklagte sofort sein ihm von dem Gesetz gewährtes Selbsthilferecht (§ 859 BGB) ausüben dürfen. Dieses gelte zwar nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht schrankenlos, habe aber hier – auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit – keiner Einschränkung unterlegen. Selbst wenn auf dem Gelände andere Parkplätze frei gewesen seien, stünde das der Befugnis des Beklagten zum Abschleppen nicht entgegen. Denn der unmittelbare Grundstücksbesitzer könne sich der verbotenen Eigenmacht unabhängig davon erwehren, welches räumliche Ausmaß sie habe und ob sie die Nutzungsmöglichkeit von ihr nicht betroffener Grundstücksteile unberührt lasse. Dieses Recht habe der Beklagte nicht anders als durch Abschleppen durchsetzen können. Dass er sich dafür des Abschleppunternehmens bedient habe, sei grundsätzlich rechtlich nicht zu beanstanden. Dies gelte hier umso mehr, als die zwischen dem Beklagten und dem Abschleppunternehmen getroffene Vereinbarung von dem Bestreben gekennzeichnet sei, rechtsmissbräuchliche Abschleppvorgänge, die z. B. auf bloßer Gewinnsucht des Abschleppunternehmens beruhten, zu verhindern. Deshalb sei der Kläger zur Bezahlung der Abschleppkosten an den Beklagten unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes verpflichtet gewesen.

    Den Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der Inkassokosten hat der Bundesgerichtshof im Gegensatz zu den Vorinstanzen für begründet gehalten, weil der Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt diese Kosten habe zahlen müssen.

    Urteil vom 5. Juni 2009 – V ZR 144/08
    AG Magdeburg – 151 C 2968/07 – Entscheidung vom 31. Januar 2008
    LG Magdeburg – 1 S 70/08 – Entscheidung vom 8. Juli 2008
    Karlsruhe, den 5. Juni 2009

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