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Mittwoch, Juli 06, 2011

Zum erforderlichen Inhalt eines Kündigungsschreibens bei einer Eigenbedarfskündigung

Der Bundesgerichtshof hat heute eine Entscheidung zum erforderlichen Inhalt eines Kündigungsschreibens bei einer Eigenbedarfskündigung getroffen.

Die Beklagte ist Mieterin einer Einzimmerwohnung der Kläger in München. Mit Schreiben vom 29. April 2008 kündigten die Kläger das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs der Klägerin zu 2 zum 31. Januar 2009. In dem Kündigungsschreiben ist ausgeführt, dass die Klägerin zu 2 nach Beendigung eines Auslandsstudienjahrs in Neuseeland ihr Studium in München fortsetzen und einen eigenen Hausstand begründen wolle. In ihr ehemaliges Kinderzimmer in der elterlichen Wohnung könne sie nicht zurück, weil dies inzwischen von ihrer Schwester genutzt werde.

Das Amtsgericht hat der Räumungsklage der Kläger stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Kündigung sei schon aus formellen Gründen unwirksam, weil die Kläger die Gründe für die Kündigung nicht ausreichend dargestellt hätten.

Die hiergegen gerichtete Revision der Kläger hatte Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat seine Rechtsprechung bekräftigt, dass dem in § 573 Abs. 3 BGB* enthaltenen Begründungserfordernis für eine Kündigung des Vermieters Genüge getan wird, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so bezeichnet, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann. Dies ist vorliegend der Fall. Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs reicht es grundsätzlich aus, dass der Vermieter die Person bezeichnet, für die die Wohnung benötigt wird, und das Interesse darlegt, das diese Person an der Erlangung der Wohnung hat. Zudem brauchen Umstände, die dem Mieter bereits zuvor mitgeteilt wurden oder die ihm sonst bekannt sind, im Kündigungsschreiben nicht nochmals wiederholt zu werden.

*§ 573 BGB: Ordentliche Kündigung des Vermieters

(1)Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. (…)

(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn

1.(…),

2.der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder

3.(…)

(3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind.

Urteil vom 6. Juli 2011 – VIII ZR 317/10
AG München, Urteil vom 7. Juli 2009 – 411 C 4159/09
LG München I, Urteil vom 24. November 2010 – 14 S 15600/09
Karlsruhe, den 6. Juli 2011
Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Mittwoch, Juni 29, 2011

Zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen einer Wohnungseigentümergemeinschaft gegen einen Mieter

Der Bundesgerichtshof hat heute eine Entscheidung zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen einer Wohnungseigentümergemeinschaft gegen einen Mieter wegen Beschädigung von Gemeinschaftseigentum getroffen.

Die Beklagten waren Mieter einer in einer Wohnanlage gelegenen Wohnung, die im Eigentum eines Mitglieds einer Wohnungseigentümergemeinschaft steht. Bei ihrem Auszug Ende Juni 2008 benutzten die Beklagten zum Transport von Möbeln den im Gemeinschaftseigentum stehenden Fahrstuhl, der innen mit Edelstahlpaneelen verkleidet ist. Der Kläger begehrt aus abgetretenem Recht der Wohnungseigentümergemeinschaft von den Beklagten Schadensersatz wegen der dabei angeblich erfolgten Beschädigung von sechs Paneelen. Er hat im Dezember 2009 Klage auf Zahlung von 6.733,54 € erhoben. Die Beklagten haben sich auf Verjährung berufen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die dagegen gerichtete Revision des Klägers hatte Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die mietrechtliche Vorschrift des § 548 Abs. 1 BGB*, die eine kurze Verjährungsfrist von sechs Monaten vorsieht, auf einen Schadensersatzanspruch einer Wohnungseigentümergemeinschaft wegen der Beschädigung von Gemeinschaftseigentum durch einen Mieter nicht anwendbar ist. Der Anspruch unterliegt vielmehr der Regelverjährung von drei Jahren.

*§ 548 BGB: Verjährung der Ersatzansprüche und des Wegnahmerechts

(1) Die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache verjähren in sechs Monaten. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem er die Mietsache zurückerhält. Mit der Verjährung des Anspruchs des Vermieters auf Rückgabe der Mietsache verjähren auch seine Ersatzansprüche.

(2) …

Urteil vom 29. Juni 2011 – VIII ZR 349/10
LG Stuttgart - Urteil vom 31. März 2010 – 18 O 483/09
OLG Stuttgart - Urteil vom 5. August 2010 – 7 U 82/10
(veröffentlicht in WuM 2010, 563 f.)
Karlsruhe, den 29. Juni 2011
Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Mittwoch, Mai 04, 2011

BFH verwehrt geschlossenen Fonds Umsatzsteuervorteil

PM Nr. 37 vom 04. Mai 2011 Urteil vom 03.03.11 V R 24/10

Mit Urteil vom 3. März 2011 V R 24/10 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass sog. Haftungsvergütungen, die geschlossene Fonds an ihre Gesellschafter zahlen, nicht umsatzsteuerfrei sind.

Im entschiedenen Fall ging es um die Klage eines Komplementärs, der bei mehreren geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform der GmbH & Co. KG geschäftsführungs- und vertretungsbefugt war und aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses für die Verbindlichkeiten der Fonds persönlich zu haften hatte. Nach den Gesellschaftsverträgen erhielt der Komplementär für die ihn treffende persönliche Haftung jeweils gesondert vereinbarte Festvergütungen, für die er die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 8 Buchst. g des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in Anspruch nahm. Diese Vorschrift gilt für die Übernahme von Verbindlichkeiten, Bürgschaften und anderen Sicherheiten. Den Fonds kam es auf die Steuerfreiheit der Haftungsleistung an, da sie nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt waren.

Nach dem Urteil des V. Senats des BFH ist die Haftung des geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten Komplementärs nur Teil einer einheitlichen Leistung, die Geschäftsführung, Vertretung und Haftung umfasst. Diese Leistung ist insgesamt umsatzsteuerpflichtig, so dass auch für den auf die Haftung entfallenden Vergütungsanteil keine Steuerfreiheit in Anspruch genommen werden kann. Die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG kommt nach dem Urteil des BFH nur in Betracht, wenn für Geldverbindlichkeiten eingestanden werden soll, nicht aber wenn es --wie bei der den Komplementär treffenden Haftung-- um eine Einstandspflicht für Sachleistungsverpflichtungen geht. Die Vorinstanz hatte demgegenüber noch die Steuerfreiheit bejaht.

Das Urteil des BFH betrifft nicht nur Immobilienfonds, sondern alle als Personen- oder Personenhandelsgesellschaften konzipierten Fonds, die ihren geschäftsführungs- und vertretungsbefugten Gesellschaftern gewinnunabhängige Haftungsvergütungen zahlen und die aufgrund ihrer z.B. vermögensverwaltenden Tätigkeit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Keine Auswirkungen hat das Urteil auf Fonds, die entweder --z.B. als Leasingfonds-- originär umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringen oder -- z.B. bei der Vermietung von Geschäftsimmobilien-- aufgrund einer sog. Option zur Umsatzsteuerpflicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.

Mittwoch, April 13, 2011

Behinderungsbedingte Umbaukosten als außergewöhnliche Belastungen

BFH Urteil vom 24.02.11 VI R 16/10

Mit Urteil vom 24. Februar 2011 VI R 16/10 hat der Bundesfinanzhof (BFH) daran festgehalten, dass Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für die krankheitsbedingte oder behindertengerechten Gestaltung des individuellen Wohnumfelds als außergewöhnliche Belastung nach § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sein können, und zwar auch dann, wenn die bauliche Gestaltung langfristig geplant wird. Wie schon im Urteil vom 22. Oktober 2009 VI R 7/09 (Pressemitteilung Nr. 109 vom 23. Dezember 2009) blieb ein durch die Aufwendungen etwa erlangter Gegenwert dabei außer Betracht.

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag in bestimmtem Umfang ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen.

Im Streitfall ist eines der Kinder der Kläger von Geburt an schwerbehindert (Grad der Behinderung 100 %). Die Kläger, die zunächst zur Miete wohnten, erwarben im Jahr 2005 ein bebautes Grundstück zu einem Kaufpreis von 30.000 €. Das Gebäude (Baujahr ca. 1900) wurde anschließend für 193.800 € umgebaut und modernisiert. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2006 machten die Kläger rund 30.000 €, in der für das Jahr 2007 rund 4.000 € an Umbaukosten für den von dem behinderten Kind genutzten Wohnraum erfolglos als außergewöhnliche Belastungen geltend. Auch Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg, da die Kläger durch den Umbau einen Gegenwert erhalten hätten.

Der BFH hat nun das angefochtene Urteil aufgehoben und entschieden, dass Mehraufwendungen für einen behindertengerechten Um- oder Neubau eines Hauses oder einer Wohnung als außergewöhnliche Belastungen i.S. des § 33 Abs. 1 EStG abziehbar sein können, denn es sind größere Aufwendungen, als sie der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstandes erwachsen. Diese Aufwendungen sind weder durch den Grund- oder Kinderfreibetrag (§ 32a Abs. 1 EStG, § 32 Abs. 6 EStG) noch durch den Behinderten- und Pflege-Pauschbetrag abgegolten und stehen stets so stark unter dem Gebot der sich aus der Situation ergebenden Zwangsläufigkeit, dass die Erlangung eines etwaigen Gegenwerts in Anbetracht der Gesamtumstände regelmäßig in den Hintergrund tritt. Es ist insbesondere nicht erforderlich, dass die Behinderung auf einem nicht vorhersehbaren Ereignis beruht und deshalb ein schnelles Handeln des Steuerpflichtigen oder seiner Angehörigen geboten ist. Auch die Frage nach zumutbaren Handlungsalternativen stellt sich in solchen Fällen nicht. Allerdings sind nicht die gesamten Aufwendungen für den von dem Kranken oder Behinderten genutzten Wohnraum, sondern nur die auf die krankheits- oder behindertengerechte Ausgestaltung des individuellen Wohnumfelds beruhenden Mehrkosten als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG abzugsfähig. Gegebenenfalls hat das Finanzgericht zu der Frage, welche baulichen Maßnahmen durch die Behinderung des Steuerpflichtigen oder eines seiner Angehörigen veranlasst sind, und zur Quantifizierung der darauf entfallenden Kosten ein Sachverständigengutachten einzuholen.
  • Diskussionen
  • Mittwoch, März 02, 2011

    BFH: Vorlage an BVerfG: Bemessung der Grunderwerbsteuer nach Grundbesitzwerten verfassungswidrig?

    Pressemitteilung Nr.34 vom 20. April 2011 Bundesfinanzhof
    Beschluss vom 02.03.11 II R 23/10

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 2. März 2011 II R 23/10 das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) angerufen, weil er von der Verfassungswidrigkeit des Ansatzes der nur noch für die Grunderwerbsteuer (GrESt) maßgeblichen Grundbesitzwerte als Ersatz-Bemessungsgrundlage überzeugt ist.

    Die GrESt wird nach einem einheitlichen Steuersatz für sämtliche Erwerbsvorgänge erhoben. Im Regelfall bestimmt sich die Bemessungsgrundlage gemäß § 8 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) nach dem Wert der Gegenleistung. In den Ausnahmefällen des § 8 Abs. 2 des GrEStG, zu denen u.a. die praktisch bedeutsamen Grundstücksübergänge aufgrund von Umwandlungen sowie Anteilsvereinigungen und -übertragungen gehören, bestimmt sich die Bemessungsgrundlage nach den Grundbesitzwerten. Diese werden nach §§ 138 ff. des Bewertungsgesetzes (BewG) gesondert ermittelt. Das BVerfG hatte diese Bewertungsvorschriften im Jahr 2006 für die Erbschaft- und Schenkungsteuer als verfassungswidrig beanstandet, weil sie zu zufälligen und willkürlichen Bewertungsergebnissen führten. Diesen verfassungswidrigen Zustand hat der Gesetzgeber ab 2007 für die Erbschaft- und Schenkungsteuer beseitigt und durch neue Bewertungsregeln ersetzt, hierauf aber für die GrESt verzichtet.

    Im Streitfall hatte die Klägerin, eine US-amerikanische Gesellschaft, alle Anteile an einer deutschen GmbH erworben, zu deren Vermögen in Deutschland gelegene Grundstücke gehörten. Für diese Anteilsübertragung (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG) wurde gegenüber der Klägerin GrESt auf der Grundlage der für die Grundstücke der GmbH festgestellten Grundbesitzwerte festgesetzt. Die Klage hatte keinen Erfolg.

    Nach Auffassung des BFH ist die weitere Anwendung der §§ 138 ff. BewG für die GrESt verfassungswidrig, weil sie aufgrund des einheitlichen Steuersatzes der GrESt zu willkürlichen und zufälligen Besteuerungsergebnissen führten und daher mit dem Gleichheitssatz unvereinbar seien.

    Mittwoch, Januar 26, 2011

    BFH: Keine Eigenheimzulage für Zweitobjekte im EU-Ausland

    Pressemitteilung Nr. 7 vom 26. Januar 2011 >> Bundesfinanzhof
    Urteil vom 20.10.10 IX R 20/09

    Es ist europarechtlich nicht geboten, einem unbeschränkt Steuerpflichtigen mit Wohnsitz im Inland eine Eigenheimzulage für ein Zweitobjekt in einem anderen Mitgliedsstaat der EU zu gewähren. So entschied der Bundesfinanzhof (BFH) durch Urteil vom 20. Oktober 2010 IX R 20/09 in einem Fall, in dem der im Inland wohnende und hier als Arzt praktizierende Kläger erfolglos Eigenheimzulage plus Kinderzulage für sein auf Kreta gelegenes Haus begehrte.

    Das Finanzgericht hatte dem Kläger unter Berufung auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 17. Januar 2008 C 152/05 die Zulage gewährt. Dem folgte der BFH nicht und stützte sich dazu auf folgende Argumente: Gegenstand des Urteils des EuGH war ein Vertragsverletzungsverfahren, das (u.a.) die Besteuerung von Grenzpendlern betraf; es hat damit keine Geltung für den Fall des in Deutschland lebenden und praktizierenden Klägers. Soweit das Versagen von Eigenheimzulage Grundfreiheiten des Klägers beschränkt (z.B. die Kapitalverkehrsfreiheit oder die allgemeine Freizügigkeit), ist dies durch zwingende Allgemeininteressen gerechtfertigt. Der Gesetzgeber wollte mit der auslaufenden Eigenheimzulage Wohnungsbau fördern, um den Wohnungsbestand im Inland zu vermehren. Dieses Ziel kann durch eine Zulage für im Ausland gelegene Zweitwohnungen nicht erreicht werden. Die Anschaffung einer zusätzlichen Wohnung in Kreta wirkt sich auf den nationalen Wohnungsmarkt nicht aus.

    Mittwoch, November 03, 2010

    BGH zur Mietminderung ohne Mängelanzeige

    BGH-PM Nr. 209/2010 Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts wegen Mängeln der Wohnung setzt vorherige Mangelanzeige voraus

    Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass der Mieter wegen eines Mangels der Wohnung, von dem der Vermieter keine Kenntnis hat, ein Zurückbehaltungsrecht erst an den Mieten geltend machen kann, die fällig werden, nachdem der Mieter dem Vermieter den Mangel angezeigt hat.

    Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung des Klägers in Berlin-Zehlendorf. Sie zahlten für die Monate April, Juni und Juli 2007 keine und für Mai 2007 lediglich einen Teil der Miete. Mit Schreiben vom 5. Juni 2007 erklärte der Kläger die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs. Die Beklagten widersprachen der Kündigung mit Schreiben vom 14. Juni 2007 unter Hinweis auf einen Schimmelpilzbefall in mehreren Zimmern.

    Der Kläger hat mit seiner Klage unter anderem Räumung und Herausgabe der Wohnung begehrt. Das Amtsgericht hat der Räumungsklage stattgegeben. Das Landgericht hat das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Räumungsklage abgewiesen; es hat gemeint, die Mieter seien mit der Zahlung der Miete nicht in Verzug geraten, weil ihnen ungeachtet der unterbliebenen Anzeige des Schimmelbefalls ein Anspruch auf Beseitigung dieses Mangels zugestanden habe und sie sich auf ein daraus ergebendes Zurückbehaltungsrecht betreffend die Zahlung der Miete berufen könnten.

    Die dagegen gerichtete Revision des Klägers hatte Erfolg und führte zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Räumungsurteils. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten an Mietzahlungen, die sie für einen Zeitraum vor der Anzeige des - dem Vermieter zuvor nicht bekannten – Schimmelpilzbefalls der Wohnung schulden, nicht in Betracht kommt. Das Zurückbehaltungsrecht des § 320 BGB* dient dazu, auf den Schuldner (hier: den Vermieter) Druck zur Erfüllung der eigenen Verbindlichkeit auszuüben. Solange dem Vermieter ein Mangel nicht bekannt ist, kann das Zurückbehaltungsrecht die ihm zukommende Funktion, den Vermieter zur Mangelbeseitigung zu veranlassen, nicht erfüllen. Ein Zurückbehaltungsrecht des Mieters besteht daher erst an den nach der Anzeige des Mangels fällig werdenden Mieten.

    *§ 320 BGB: Einrede des nichterfüllten Vertrags

    (1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. (…)

    Urteil vom 3. November 2010 – VIII ZR 330/09
    AG Schöneberg – Urteil vom 5. Dezember 2007 – 12 C 368/07
    LG Berlin – Urteil vom 6. November 2009 – 63 S 17/08
    Karlsruhe, den 3. November 2010
    Pressestelle des Bundesgerichtshofs

    Mittwoch, Oktober 13, 2010

    BGH zur Eigenbedarfskündigung

    Zu den Informationspflichten eines Vermieters im Fall des Freiwerdens einer vergleichbaren Wohnung
    nach einer Eigenbedarfskündigung
    Der Bundesgerichtshof hat heute die Pflicht des Vermieters präzisiert, dem Mieter nach einer berechtigten Kündigung wegen Eigenbedarfs eine während der Kündigungsfrist freiwerdende vergleichbare Wohnung im selben Haus anzubieten.

    Der Beklagte ist Mieter einer Wohnung der Klägerin in Bonn, in der er zusammen mit seiner ebenfalls in Anspruch genommenen Ehefrau lebt. Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis durch Schreiben vom 23. April 2008 wegen Eigenbedarfs zum 31. Januar 2009. Vor Ablauf der Kündigungsfrist wurde im 1. Obergeschoss des Hauses, in dem auch die Mietwohnung der Beklagten gelegen ist, eine weitere Mietwohnung der Klägerin frei. Die Klägerin vermietete diese Wohnung anderweitig neu, ohne sie zuvor den Beklagten angeboten zu haben.

    Das Amtsgericht hat die auf Räumung und Herausgabe der Wohnung gerichtete Klage abgewiesen. Das Landgericht hat der Klage auf die Berufung der Vermieterin stattgegeben.

    Die dagegen gerichtete Revision der Beklagten hatte Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat seine Rechtsprechung bekräftigt, dass der wegen Eigenbedarfs berechtigt kündigende Vermieter dem Mieter eine andere, ihm zur Verfügung stehende vergleichbare Wohnung während der Kündigungsfrist anbieten muss, sofern sich die Wohnung im selben Haus oder in derselben Wohnanlage befindet. Anderenfalls ist die ausgesprochene Kündigung wegen Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam. Zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Anbietpflicht muss der Vermieter den Mieter über die wesentlichen Bedingungen einer Anmietung (Größe und Ausstattung der Wohnung sowie Mietkonditionen) informieren. Da im vorliegenden Streitfall der Vermieter dieser Pflicht nicht nachgekommen ist, hat er keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der an die Beklagten vermieteten Wohnung.

    Urteil vom 13. Oktober 2010 – VIII ZR 78/10
    AG Bonn – Urteil vom 5. November 2009 – 202 C 58/09
    LG Bonn – Urteil vom 18. März 2010 – 6 S 5/10
    Karlsruhe, den 13. Oktober 2010
    Pressestelle des Bundesgerichtshofs
  • Diskussionen
  • BGH zu Mietkautionskonten

    Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass ein Mieter von Wohnraum die Zahlung der Kaution von der Benennung eines insolvenzfesten Kontos durch den Vermieter abhängig machen darf.

    Die Beklagten haben von den Klägern, die Eigentümer eines Gutshofes mit Stallungen und Weideland sind, durch zwei voneinander abhängige Mietverträge eine auf diesem Hof gelegene Wohnung sowie sechs Pferdeboxen nebst Weideland gemietet. Während der Mietvertrag über die Stallungen keine Kautionszahlung der Beklagten vorsieht, enthält der Wohnraummietvertrag in § 6 Nr. 2 folgende Regelung zur Sicherheitsleistung:

    "Der Mieter leistet bei Beginn des Mietverhältnisses dem Vermieter für die Erfüllung seiner Verpflichtungen eine Barkaution in Höhe von 2.000,00 € auf ein Mietkautionskonto - Übergabe an den Vermieter beim Einzug. Der Vermieter hat diese Geldsumme getrennt von seinem Vermögen bei einem Kreditinstitut zu dem für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist üblichen Zinssatz anzulegen. Die Zinsen stehen dem Mieter zu. Sie erhöhen die Sicherheit. Der Mieter ist berechtigt, die Kautionssumme in 3 Monatsraten zu bezahlen. Die erste Rate ist zu Beginn des Mietverhältnisses fällig, die beiden folgenden Raten mit der zweiten und dritten Miete (…)."

    Die Beklagten zahlten die vereinbarte Kaution trotz mehrfacher Aufforderung nicht. Sie beriefen sich darauf, dass eine Zahlung erst dann erfolgen müsse, wenn die Vermieter ihnen ein gesondertes und den gesetzlichen Anforderungen genügendes Mietkautionskonto benannt und nachgewiesen hätten. Die Kläger vertraten die Auffassung, dass ein Mietkautionskonto nicht vorab mitgeteilt werden müsse, und kündigten in der Folge das gesamte Mietverhältnis wegen der fehlenden Kautionsleistung. Die Kläger haben mit ihrer Klage Räumung sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten begehrt.

    Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht der Klage stattgegeben.

    Die dagegen gerichtete Revision der Beklagten hatte Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein Mieter die Zahlung der Kaution davon abhängig machen darf, dass der Vermieter zuvor ein insolvenzfestes Konto benennt. Gemäß § 551 Abs. 3 BGB* hat der Vermieter eine ihm überlassene Mietsicherheit unabhängig von der gegebenenfalls vereinbarten Anlageform getrennt von seinem Vermögen anzulegen. Sinn und Zweck der Regelung ist es, die Kaution vom Vermögen des Vermieters zu trennen und so vor dem Zugriff von dessen Gläubigern zu schützen. Es besteht kein Grund dafür, dem Mieter diesen vom Gesetzgeber bezweckten Schutz nicht von vornherein zu gewähren, sondern bei Beginn des Mietverhältnisses eine Lücke zu belassen, indem der Mieter die Kaution dem Vermieter zunächst in bar übergeben oder auf ein nicht insolvenzfestes Vermieterkonto überweisen muss. Im vorliegenden Streitfall haben die Mieter durch die Nichtzahlung der Kaution daher ihre Pflicht zur Erbringung der Mietsicherheit nicht verletzt; die darauf gestützte Kündigung ist unwirksam.

    * § 551BGB: Begrenzung und Anlage von Mietsicherheiten

    (…)

    (3) Der Vermieter hat eine ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme bei einem Kreditinstitut zu dem für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist üblichen Zinssatz anzulegen. Die Vertragsparteien können eine andere Anlageform vereinbaren. In beiden Fällen muss die Anlage vom Vermögen des Vermieters getrennt erfolgen und stehen die Erträge dem Mieter zu. Sie erhöhen die Sicherheit. Bei Wohnraum in einem Studenten- oder Jugendwohnheim besteht für den Vermieter keine Pflicht, die Sicherheitsleistung zu verzinsen. (…)

    Urteil vom 13. Oktober 2010 – VIII ZR 98/10
    AG Rheinberg – Urteil vom 20. Juli 2009 – 12 C 498/08
    LG Kleve – Urteil vom 25. März 2010 – 6 S 129/09
    Karlsruhe, den 13. Oktober 2010
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  • Mittwoch, Oktober 06, 2010

    Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen kann auch von Ehegatten nur für eine Wohnung in Anspruch genommen werden

    BFH Pressermitteilung Nr. 86 vom 06.10.2010 Urteil vom 29.07.10 VI R 60/09

    Der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 29. Juli 2010 VI R 60/09 entschieden, dass zusammen veranlagte Ehegatten, die mehrere Wohnungen nutzen, die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen nur einmal bis zum gesetzlich geregelten Höchstbetrag (im Streitfall 600 €; aktuell 1.200 €) in Anspruch nehmen können.

    Im entschiedenen Fall bewohnten die Kläger Einfamilienhäuser an zwei Orten und ließen durch verschiedene Handwerksbetriebe Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen an den beiden Wohnungen durchführen. In der gemeinsamen Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragten die Ehegatten für beide Wohnungen jeweils eine Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsleistungen nach § 35a Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Das Finanzamt gewährte die Steuerermäßigung abweichend von der Einkommensteuererklärung lediglich bis zum Höchstbetrag von 600 €.

    Der BFH bestätigte diese Auffassung. Für eine mehrfache Inanspruchnahme der Steuerermäßigung findet sich kein Anhaltspunkt im Gesetz. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergebe sich lediglich, dass die Handwerkerleistungen in einem inländischen Haushalt zu erbringen sind. Daraus könne nicht geschlossen werden, dass bei mehreren tatsächlich genutzten Wohnungen die Steuerermäßigung auch mehrfach zu gewähren sei. Auch die Begrenzung der Steuerermäßigung der Höhe nach gelte unabhängig davon, ob die steuerbegünstigten Leistungen in einer oder in mehreren Wohnungen erbracht worden seien.

    Zusammen veranlagten Ehegatten wird danach die Steuerermäßigung nur einmal gewährt. Eine Benachteiligung der ehelichen Lebensgemeinschaft durch die Begrenzung der Steuerermäßigung auf 600 € auch bei mehreren tatsächlich genutzten Wohnungen sieht der BFH nicht. Denn auch Alleinstehende, die gemeinsam in zwei Wohnungen wirtschaften, können die Höchstbeträge des § 35a EStG ebenfalls nur einmal in Anspruch nehmen (§ 35a Abs. 3 EStG). Damit ist allein die gemeinsame Wirtschaftsführung am Ort oder den Orten der Leistungserbringung, nicht aber der Familienstand entscheidend.

    BGH zu "Kündigungskosten"

    Zur Erstattung von Rechtsanwaltskosten für die Kündigung durch einen gewerblichen Großvermieter
    Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass es einem gewerblichen Großvermieter in tatsächlich und rechtlich einfach gelagerten Fällen zuzumuten ist, ein Kündigungsschreiben ohne anwaltliche Hilfe zu verfassen. Die Kosten für einen dennoch beauftragten Rechtsanwalt sind daher vom Mieter nicht zu erstatten.

    Die Klägerin ist ein Unternehmen der Wohnungswirtschaft, das über eine Vielzahl von Wohnungen verfügt und diese gewerblich vermietet. Die Beklagten, die eine Wohnung von der Klägerin gemietet haben, gerieten mit zwei Monatsmieten in Rückstand. Daraufhin erklärte die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben die fristlose Kündigung des Mietvertrags gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB*. Die Klägerin hat mit ihrer Klage Räumung und Herausgabe der Wohnung sowie Zahlung der durch das Kündigungsschreiben entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 402,82 € begehrt. Hinsichtlich der in der Revision allein noch maßgeblichen Rechtsanwaltskosten hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

    Die dagegen gerichtete Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass Kosten, die aus der Sicht des Vermieters zur Wahrung und Durchsetzung seiner Rechte nicht erforderlich und zweckmäßig sind, vom Mieter nicht als Verzugsschaden zu ersetzen sind. Sofern es sich wie in der entschiedenen Konstellation um einen tatsächlich und rechtlich einfach gelagerten Fall handelt, bedarf ein gewerblicher Großvermieter für die Abfassung einer auf Zahlungsverzug gestützten Kündigung keiner anwaltlichen Hilfe. Dies gilt auch dann, wenn der Großvermieter nicht über eine eigene Rechtsabteilung verfügt.

    *§ 543 BGB: Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund

    (1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. (…)

    (2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn (…)

    3. der Mieter

    a) für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder

    b)in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht. (…)

    Urteil vom 6. Oktober 2010 – VIII ZR 271/09
    AG Wiesbaden - Urteil vom 6. April 2009 – 93 C 8201/08 (29)
    LG Wiesbaden - Urteil vom 18. September 2009 – 2 S 38/09
    Karlsruhe, den 6. Oktober 2010
  • Diskussionen
  • Mittwoch, September 29, 2010

    Einkünfteerzielungsabsicht bei Vermietung von Gewerbeobjekten

    BFH Pressemitteilung Nr. 83 vom 29.09.2010 Urteil vom 20.07.10 IX R 49/09

    Der IX. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 20. Juli 2010 IX R 49/09 entschieden, dass auch bei langfristiger Vermietung von Gewerbeobjekten - anders als bei Wohnobjekten - die Einkünfteerzielungsabsicht nicht vermutet wird, sondern im Einzelfall konkret festzustellen ist. Damit wird die Anerkennung von Verlusten erschwert.

    Im entschiedenen Fall hatte der Kläger ein Gewerbeobjekt in den Streitjahren 2002 bis 2005 nicht vermietet, davor nur zum Teil, sporadisch und unter Wert. Er erzielte erhebliche Werbungskostenüberschüsse, vor allem wegen Abschreibungen, Grundsteuer und Gebäudeversicherung. Seine Vermietungsbemühungen waren wenig stringent und effektiv.

    Das Finanzgericht (FG) hatte die geltend gemachten Werbungskosten mangels hinreichenden Nachweises der Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers nicht anerkannt. Dies bestätigte der BFH im Ergebnis.

    Der Abzug von Werbungskosten bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung erfordert, dass der Steuerpflichtige die Absicht hat, aus der Vermietung auf Dauer einen Einnahmeüberschuss zu erzielen. Hiervon ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich auszugehen. Dies gilt aber nur für die Vermietung von Wohnungen, nicht indes für die Vermietung von Gewerbeobjekten. Bei Gewerbeimmobilien hat das FG im Einzelfall festzustellen, ob der Steuerpflichtige beabsichtigt (hat), auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen.

    Den Steuerpflichtigen trifft im Zweifel die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht. Zeigt sich aufgrund bislang vergeblicher Vermietungsbemühungen, dass für das Objekt, so wie es baulich gestaltet ist, kein Markt besteht und die Immobilie deshalb nicht vermietbar ist, so muss der Steuerpflichtige - will er seine Vermietungsabsicht belegen - zielgerichtet darauf hinwirken, unter Umständen auch durch bauliche Umgestaltungen einen vermietbaren Zustand des Objekts zu erreichen. Bleibt er untätig und nimmt den Leerstand auch künftig hin, spricht dieses Verhalten gegen den endgültigen Entschluss zu vermieten.

    Mittwoch, September 08, 2010

    BFH zur Versteuerung von Steuererstattungen

    PE Nr. 78 vom 08. September 2010
    Vom Finanzamt geleistete Zinsen auf Einkommensteuererstattungen sind nicht zu versteuern
    Urteil vom 15.06.10 VIII R 33/07

    Gesetzliche Zinsen, die das Finanzamt (FA) aufgrund von Einkommensteuererstattungen an den Steuerpflichtigen zahlt (sog. Erstattungszinsen) unterliegen nicht der Einkommensteuer. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 15. Juni 2010 VIII R 33/07 entschieden und damit seine frühere Rechtsprechung teilweise geändert.

    Bis 1999 konnten Nachzahlungszinsen, die der Steuerpflichtige an das Finanzamt zu zahlen hatte, als Sonderausgaben abgezogen werden. Nachdem diese Regelung ersatzlos entfallen war, mussten die Erstattungszinsen nach wie vor versteuert werden, während die Nachzahlungszinsen nicht mehr abgezogen werden durften. Das war bei vielen Steuerpflichtigen auf Unverständnis gestoßen. Nach der Änderung der Rechtsprechung sind nun gesetzliche Zinsen, die im Verhältnis zwischen Steuerpflichtigen und FA für Einkommensteuernachzahlungen oder erstattungen entstehen, insgesamt steuerrechtlich unbeachtlich.

    Im Streitfall machte ein Steuerpflichtiger, der aufgrund desselben Einkommensteuerbescheids nicht abziehbare Nachzahlungszinsen an das FA zu leisten und zugleich vom FA bezogene Erstattungszinsen als Einahmen aus Kapitalvermögen zu versteuern hatte, in erster Linie geltend, das in § 12 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geregelte Abzugsverbot für Nachzahlungszinsen sei verfassungswidrig.

    Der BFH hat dieses gesetzliche Abzugsverbot als verfassungsgemäß bestätigt, aber die Beurteilung von Erstattungszinsen teilweise geändert. Erstattungszinsen wurden bisher in jedem Fall als steuerbare Einnahmen aus Kapitalvermögen angesehen. Der Steuerpflichtige überlasse dem Finanzamt mit der letztlich nicht geschuldeten (und deshalb später zu erstattenden) Steuerzahlung Kapital zur Nutzung und erhalte dafür als Gegenleistung vom Finanzamt die Erstattungszinsen. An dieser Rechtsprechung hält der BFH im Grundsatz zwar fest. Das gilt jedoch nicht, wenn die Steuer wie hier die Einkommensteuer und darauf entfallende Nachzahlungszinsen gemäß § 12 Nr. 3 EStG vom Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten ausgeschlossen und damit dem nichtsteuerbaren Bereich zugewiesen sind mit der Folge, dass die Steuererstattung beim Steuerpflichtigen nicht zu Einnahmen führt. Diese gesetzliche Wertung strahlt auf die damit zusammenhängenden Zinsen in der Weise aus, dass Erstattungszinsen ebenfalls nicht steuerbar sind.

    Mittwoch, August 11, 2010

    BFH zur Grundbesteuerung

    Nr. 68 vom 11. August 2010
    BFH hält allgemeine Neubewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer für erforderlich
    Urteil vom 30.06.10 II R 60/08

    Die Einheitsbewertung des Grundvermögens ist vom Bundesfinanzhof (BFH) trotz verfassungsrechtlicher Zweifel bislang als verfassungsgemäß beurteilt worden. Im Urteil vom 30. Juni 2010 II R 60/08 hat er daran jedenfalls für Stichtage bis zum 1. Januar 2007 festgehalten, aber zusätzlich darauf hingewiesen, dass das weitere Unterbleiben einer allgemeinen Neubewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer mit verfassungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes GG ), nicht vereinbar sei.

    Zur Begründung führt der BFH aus, dass die Festschreibung der Wertverhältnisse auf den Hauptfeststellungszeitpunkt (1. Januar 1964) nur sachgerecht und aus verfassungsrechtlicher Sicht hinnehmbar sei, wenn der Hauptfeststellungszeitraum eine angemessene Dauer nicht überschreite. Die über mehr als vier Jahrzehnte unveränderte Einheitsbewertung des Grundbesitzes verfehle insbesondere die sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Anforderungen an eine realitätsgerechte Bewertung. Auf unbegrenzte Dauer sei es auch nicht hinnehmbar, dass eine Wertminderung wegen Alters nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt (1. Januar 1964) ausgeschlossen werde. Ferner führe das jahrzehntelange Unterlassen einer flächendeckenden Grundstücksneubewertung zwangsläufig zu verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbaren Defiziten beim Gesetzesvollzug, weil verfahrensrechtlich nicht sichergestellt werde, dass dem Finanzamt Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse bekannt werden.

    Verfassungsrechtlich geboten sei eine erneute Hauptfeststellung besonders im Beitrittsgebiet, wo die Wertverhältnisse auf den 1. Januar 1935 festgeschrieben seien. Der sich daraus ergebende gleichheitswidrige Zustand könne im Hinblick auf die verstrichene Zeit nicht mehr mit den Übergangsschwierigkeiten nach der Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands gerechtfertigt werden.

    Donnerstag, Juli 22, 2010

    BGH zur USt bei Baugewährleistung

    Nr. 154/2010 Bundesgerichtshof ändert Rechtsprechung zur Berechnung eines Schadensersatzanspruches wegen eines Baumangels

    Der u. a. für das Baurecht zuständige VII. Zivilsenat hat neue Grundsätze aufgestellt, nach denen ein Schadensersatzanspruch wegen eines Baumangels zu berechnen ist.

    Der Beklagte errichtete im Auftrag der Kläger ein Einfamilienhaus. Es waren Mängel vorhanden, die der Beklagte trotz Aufforderung mit Fristsetzung nicht beseitigte. Für die Beseitigung der Mängel sind Aufwendungen in Höhe von 9.405,- € netto erforderlich. Die Parteien haben darüber gestritten, ob der Kläger als Schadensersatz, über den er frei verfügen kann und den er nicht zur Mängelbeseitigung verwenden muss, auch die Umsatzsteuer auf diesen Betrag verlangen kann, wenn er die Mängel noch nicht beseitigt hat.

    Das Berufungsgericht hat dies bejaht. Der Bundesgerichtshof hat in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass die Umsatzsteuer auf voraussichtliche Mängelbeseitigungsaufwendungen als Schadensersatz nicht verlangt werden kann, solange der Mangel nicht tatsächlich beseitigt worden ist. Diese Entscheidung ist im Lichte der gesetzlichen Regelung des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB* ergangen, die zwar auf Schadensersatzansprüche im Werkvertragsrecht nicht anwendbar ist, jedoch eine gesetzliche Wertung für vergleichbare Fälle enthält.

    Will der Auftraggeber den Bruttobetrag vor einer Mängelbeseitigung, so ist er im Werkvertragsrecht ausreichend dadurch geschützt, dass er einen auch die Umsatzsteuer umfassenden Vorschussanspruch gemäß § 637 Abs. 3 BGB** geltend machen kann, den er allerdings zur Mängelbeseitigung verwenden muss.

    Urteil vom 22. Juli 2010 - VII ZR 176/09
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  • BGH zum Kopplungsverbot Grundstückskauf u. Architekt

    Nr. 153/2010 Bundesgerichtshof zur Verfassungsmäßigkeit des Koppelungsverbotes

    Der u. a. für das private Bau- und Architektenrecht zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass Art. 10 § 3 MRVG*, der die Koppelung von Grundstückskaufverträgen mit Ingenieur- und Architektenverträgen für unwirksam erklärt, mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

    Der Bundesgerichtshof hat die Revision gegen das diese Frage ebenfalls bejahende Urteil des Oberlandesgerichts zurückgewiesen.

    Er hat ausgeführt, das Koppelungsverbot verfolge den Zweck, die freie Wahl des Architekten durch den Bauwilligen allein nach Leistungskriterien und das typische Berufsbild des freien Architekten zu schützen sowie den Wettbewerb unter den Architekten zu fördern. Dabei handele es sich um wichtige Gemeinschaftsgüter. Sie rechtfertigten den mit dem Koppelungsverbot verbundenen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der freien Architekten und deren unterschiedliche Behandlung gegenüber anderen am Bau Beteiligten, so dass auch der Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt sei. Ein Eingriff in das Grundrecht des Eigentums, Art. 14 Abs. 1 GG, liege ebenfalls nicht vor.

    Urteil vom 22. Juli 2010 - VII ZR 144/09
    LG Wuppertal - 19 O 29/06 - Urteil vom 5. Oktober 2006
    OLG Düsseldorf - 21 U 239/06 - Urteil vom 25. Juni 2009
    Karlsruhe, den 22. Juli 2010

    *Art. 10 § 3 MRVG: Unverbindlichkeit der Koppelung von Grundstückskaufver-trägen mit Ingenieur- und Architektenverträgen

    Eine Vereinbarung, durch die der Erwerber eines Grundstücks sich im Zusammenhang mit dem Erwerb verpflichtet, bei der Planung oder Ausführung eines Bauwerks auf dem Grundstück die Leistungen eines bestimmten Ingenieurs oder Architekten in Anspruch zu nehmen, ist unwirksam. Die Wirksamkeit des auf den Erwerb des Grundstücks gerichteten Vertrages bleibt unberührt.

    Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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  • Mittwoch, Juli 14, 2010

    BGH: Unterbliebene PK-Zahlung kein Kündigungsgrund

    BGH Nr. 147/2010: Unterbliebene Zahlung der Prozesskosten eines früheren Räumungsprozesses durch den Mieter kein Kündigungsgrund

    Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass ein Vermieter einen Wohnraummietvertrag nicht deshalb kündigen kann, weil der Mieter die Prozesskosten eines früheren, auf Zahlungsverzug gestützten Räumungsprozesses nicht begleicht.

    Der Beklagte hat von der Klägerin eine Wohnung in Lüneburg angemietet. Die Miete wird jedenfalls zurzeit von der ARGE (Arbeitsgemeinschaft des kommunalen Trägers und der Agentur für Arbeit für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II) für den Mieter bezahlt. Im Dezember 2006 kündigte die Vermieterin wegen eines erheblichen Zahlungsrückstands das Mietverhältnis fristlos und erhob anschließend Räumungsklage. Innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB* wurden die Mietrückstände von der ARGE beglichen, so dass der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und dem Mieter die Prozesskosten auferlegt wurden. Der Mieter hat diese Kosten bislang nicht gezahlt. Im November 2008 kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis erneut mit der Begründung, der Mieter habe seine Pflichten aus dem Mietverhältnis schuldhaft verletzt, indem er u. a. die aus dem ursprünglichen Räumungsprozess entstandenen Kosten nicht beglichen habe. Das Amtsgericht hat die Räumungsklage der Vermieterin abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

    Die dagegen gerichtete Revision der Vermieterin hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die unterbliebene Zahlung der in dem früheren Räumungsprozess angefallenen Prozesskosten weder eine ordentliche noch eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigt.

    Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Wohnraum nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB** nur dann ordentlich kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat, z. B. wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB**).

    Zwar verletzt der Mieter, der die ihm auferlegten Kosten aus einem früheren, auf Zahlungsverzug gestützten Räumungsprozess nicht begleicht, seine Pflichten aus dem Mietvertrag. Diese Pflichtverletzung erreicht jedoch nicht die vom Gesetz für eine Kündigung vorausgesetzte Erheblichkeitsschwelle. Denn bei der Beurteilung der Erheblichkeit darf die in § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB zum Ausdruck gekommene Wertung des Gesetzgebers nicht außer Acht gelassen werden. Nach der genannten Vorschrift wird eine auf Zahlungsverzug gestützte außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses aus wichtigem Grund (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB***) unwirksam, wenn der Vermieter bis spätestens zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. Ziel der Regelung ist es, die Obdachlosigkeit des Mieters zu vermeiden. Mit dieser Intention ist es nicht zu vereinbaren, wenn zwar die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs aufgrund einer von der Sozialhilfebehörde innerhalb der Schonfrist herbeigeführten Befriedigung des Vermieters unwirksam wird, jedoch dem Vermieter die Möglichkeit verbliebe, das Mietverhältnis gleichwohl erneut zu kündigen, weil der Mieter wirtschaftlich nicht in der Lage ist, die Prozesskosten des erledigten Räumungsrechtsstreits zu begleichen.

    Aus den gleichen Erwägungen stellt die unterbliebene Bezahlung der Prozesskosten auch keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB*** dar.

    *§ 569 Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund



    (3) Ergänzend zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 gilt:

    1. …

    2. Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. …

    ** § 573 Ordentliche Kündigung des Vermieters

    (1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. …

    (2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn

    1. der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat,

    2. …

    ***§ 543 Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund

    (1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

    (2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

    1. …

    2. …

    3. der Mieter

    a) für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder

    b) in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.

    Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.



    Urteil vom 14. Juli 2010 – VIII ZR 267/09

    AG Lüneburg – Urteil vom 30. April 2009 – 12 C 636/08

    LG Lüneburg – Urteil vom 16. September 2009 – 6 S 62/09

    Karlsruhe, den 14. Juli 2010

    Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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  • Mittwoch, Juli 07, 2010

    BGH zum Mietminderung im Altbau

    BGH-Pressemitteilung Nr. 138/2010
    Wohnraummiete: Zu den Voraussetzungen einer Mietminderung bei Problemen mit dem Schallschutz

    Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass ein Mieter ohne besondere vertragliche Regelung nicht erwarten kann, dass seine Wohnung einen Schallschutz aufweist, der über die Einhaltung der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden DIN-Vorschriften hinausgeht.

    Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung der Kläger in einem in den Jahren 2001/2002 errichteten Mehrfamilienhaus in Bonn. Die Vermieter machen Mietrückstände für die Monate April 2006 bis einschließlich Dezember 2007 von insgesamt 1.701 € geltend. Um diesen Betrag (zehn Prozent der Bruttomiete) hatten die Beklagten die Miete unter anderem wegen Mängeln der Trittschalldämmung ihrer Wohnung zur darüberliegenden Wohnung gemindert.

    Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Mieter hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat angenommen, die Miete sei gemäß § 536 Abs. 1 BGB* zumindest um zehn Prozent der Bruttomiete gemindert, weil die Wohnung wegen nicht ausreichender Trittschalldämmung mangelhaft sei. Der Sachverständige habe eine Trittschallmessung durchführen lassen und festgestellt, dass zwar die Anforderungen der DIN 4109 (1989) erfüllt seien. Hierbei handele es sich jedoch um den reinen Norm-Schallschutz, der allgemein nicht der Qualität mittlerer Art und Güte entspreche.

    Die dagegen gerichtete Revision der Vermieter hatte Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat einen Mangel der Wohnung wegen nicht ausreichender Trittschalldämmung verneint. Mehr als die Einhaltung der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden DIN 4109 zum Schallschutz konnten die Beklagten als Mieter nicht erwarten.

    Fehlen – wie im entschiedenen Fall – vertragliche Vereinbarungen zur Beschaffenheit einer Wohnung, kann der Mieter erwarten, dass die von ihm angemieteten Räume einen Wohnstandard aufweisen, der bei vergleichbaren Wohnungen üblich ist. Dabei sind insbesondere das Alter, die Ausstattung und die Art des Gebäudes, aber auch die Höhe der Miete und eine eventuelle Ortssitte zu berücksichtigen. Gibt es zu bestimmten Anforderungen an den Wohnstandard technische Normen, so ist (jedenfalls) deren Einhaltung vom Vermieter geschuldet. Dabei ist grundsätzlich der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen.

    Die vom Landgericht herangezogene Entscheidung des für das Werkvertragsrecht zuständigen VII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, nach der für eine im Jahr 1997 fertig gestellte Doppelhaushälfte der hierfür geltende Teil der Normen der DIN 4109 nach dem Stand von 1989 nicht den anerkannten Regeln der Technik entspreche, lässt sich nicht auf das Wohnraummietrecht übertragen. Im Mietverhältnis sind in erster Linie die konkreten vertraglichen Vereinbarungen der Parteien über die Sollbeschaffenheit der Wohnung maßgeblich, die vom Vermieter bei Übergabe einzuhalten und über die ganze Mietzeit aufrechtzuerhalten ist, und nicht die Einhaltung bestimmter technischer Normen bei Übergabe wie bei einem Bauwerk. Darüber hinaus hat der Vermieter - anders als der Bauunternehmer - während der gesamten Zeit des Mietverhältnisses für Sachmängel Gewähr zu leisten, ohne dass er in der Regel auf die tatsächliche bauliche Beschaffenheit Einfluss hat.

    *§ 536 BGB: Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln

    (1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

    Urteil vom 7. Juli 2010 – VIII ZR 85/09
    AG Bonn - Urteil vom 27. Februar 2008 – 10 C 288/06
    LG Bonn - Urteil vom 5. März 2009 – 6 S 84/08
    Karlsruhe, den 7. Juli 2010
    Pressestelle des Bundesgerichtshofs

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  • BGH zur Mietermodernisierung und Mieterhöhrung

    Nr. 140/2010 Bundesgerichtshof zur Berücksichtigung von Wohnwertverbesserungen durch den Wohnungsmieter bei einer Mieterhöhung

    Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass Wohnwertverbesserungen, die ein Wohnungsmieter vorgenommen und finanziert hat, bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete im Rahmen von Mieterhöhungsverlangen im Regelfall nicht zu berücksichtigen sind.

    Der Beklagte des vom Bundesgerichtshof entschiedenen Rechtsstreits ist seit 1976 Mieter einer Wohnung in Hamburg. Aufgrund einer im Mietvertrag enthaltenen Verpflichtung baute er in die Wohnung auf eigene Kosten ein Bad und eine Sammelheizung ein. Im Februar 2008 verlangte die Vermieterin Zustimmung zu einer Erhöhung der Nettomiete von 450,28 € auf 539,95 € monatlich. Zur Begründung nahm sie auf den Mietspiegel der Stadt Hamburg Bezug und ordnete die Wohnung in das Rasterfeld C 4 ein. Dieses Rasterfeld bezieht sich auf Wohnungen mit normaler Wohnlage, Baujahr bis Ende des Jahres 1918 und einer Ausstattung mit Bad und Sammelheizung. In drei vorangegangenen Mieterhöhungsverlangen seit 1992 hatte die Vermieterin dagegen auf die ortsübliche Vergleichmiete für Wohnungen ohne Bad und Sammelheizung abgestellt. Das Amtsgericht hat der Klage der Vermieterin auf Zustimmung zur Erhöhung der Nettomiete auf 539,95 € monatlich ab 1. Mai 2008 stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung des Mieters zurückgewiesen.

    Die dagegen gerichtete Revision des Mieters hatte Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 BGB*) für die Wohnung des Beklagten anhand vergleichbarer Wohnungen zu ermitteln ist, die nicht mit Bad und Sammelheizung ausgestattet sind. Wohnwertverbesserungen, die der Mieter vorgenommen und finanziert hat, sind bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht zu berücksichtigen, wenn nicht die Parteien etwas anderes vereinbart haben oder der Vermieter dem Mieter die verauslagten Kosten erstattet hat. Die vom Mieter auf eigene Kosten geschaffene Wohnwertverbesserung bleibt bei der Ermittlung der Vergleichsmiete auch dann unberücksichtigt, wenn sie – wie hier – auf einer vertraglichen Verpflichtung beruht. Anderenfalls müsste der Mieter die Ausstattung seiner Wohnung im Ergebnis doppelt bezahlen, zunächst beim Einbau entsprechend der vertraglichen Verpflichtung und später nochmals durch eine auch auf diese Ausstattung gestützte Mieterhöhung.

    Die Sache ist an das Landgericht zurückverwiesen worden, damit festgestellt werden kann, wie hoch die ortsübliche Vergleichsmiete für die betroffene Wohnung ohne Berücksichtigung von Bad und Heizung ist.

    *§ 558 BGB: Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

    (1) Der Vermieter kann die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert ist. Das Mieterhöhungsverlangen kann frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung geltend gemacht werden. Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 werden nicht berücksichtigt.

    (2) Die ortsübliche Vergleichsmiete wird gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen nach § 560 abgesehen, geändert worden sind. Ausgenommen ist Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist.

    (…)

    Urteil vom 7. Juli 2010 – VIII ZR 315/09
    AG Hamburg-Altona - Urteil vom 30. Januar 2009 - 315b C 129/08
    LG Hamburg - Urteil vom 27. November 2009 - 311 S 35/09
    Karlsruhe, den 7. Juli 2010
    Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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  • Mittwoch, Juni 23, 2010

    BGH: Falsche Wohnflächenangaben in Inseraten

    Nr. 128/2010 Mietminderung bei Wohnflächenunterschreitung:

    Vereinbarung der Wohnfläche durch Absprachen im Vorfeld des Vertragsschlusses

    Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass ein Mangel einer Mietwohnung aufgrund einer Flächenabweichung auch dann vorliegen kann, wenn der schriftliche Mietvertrag keine Angaben zu der Wohnfläche enthält.

    In dem entschiedenen Fall mietete die Klägerin vom Beklagten eine Dachgeschosswohnung in Mannheim. Der schriftliche Mietvertrag enthält keine Angaben zur Größe der Wohnung, diese sind in dem verwendeten Vordruck auch nicht vorgesehen. Die Wohnung war von einer Immobilienmaklerin mit folgender Annonce in der Zeitung angeboten worden: "MA-Waldhof, 3 ZKB-DG, Balkon, ca. 76 m², Parkett, EBK, DM 890,- + NK". Vor Abschluss des Mietvertrages wurden der Mieterin eine Grundrissskizze sowie eine detaillierte Wohnflächenberechnung übergeben, in der die Gesamtgröße der Wohnung mit 76,45 Quadratmetern ausgewiesen wird. Die Mieterin hat mit der Begründung, die Wohnung habe lediglich eine Wohnfläche von 53,25 Quadratmetern, unter anderem die Rückzahlung überzahlter Miete geltend gemacht. Das Amtsgericht hat der Zahlungsklage teilweise stattgegeben. Das Landgericht hat auf die Berufung des Beklagten die Klage abgewiesen.

    Die dagegen gerichtete Revision der Mieterin hatte Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass angesichts der Geschehnisse bis zur Unterzeichnung des Mietvertrages alleine dem Fehlen von Angaben zur Wohnungsgröße in dem Vertragstext, die dort auch nicht vorgesehen waren, nicht entnommen werden kann, dass sich die Parteien bei Abschluss des Vertrages bezüglich der Wohnfläche nicht vertraglich binden wollten. Die vom Berufungsgericht festgestellten Gesamtumstände lassen vielmehr darauf schließen, dass die Parteien den schriftlichen Vertrag in der beiderseitigen, dem jeweiligen Vertragspartner erkennbaren Vorstellung geschlossen haben, die Wohnung weise die zuvor angegebene Wohnfläche auf. Dies begründet eine konkludente Vereinbarung über die Wohnungsgröße. Liegt – wie im entschiedenen Fall – eine Wohnflächenunterschreitung um mehr als zehn Prozent vor, führt dies zu einer Mietminderung gemäß § 536 BGB* (st. Rspr.; vgl. zuletzt Urteil vom 10. März 2010 – VIII ZR 144/09, Pressemitteilung Nr. 53/2010).

    Die Sache ist an das Landgericht zurückverwiesen worden, weil weitere Feststellungen unter anderem zu einer vom Vermieter zur Aufrechnung gestellten Betriebskostennachforderung zu treffen sind.

    *§ 536 BGB: Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln

    Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

    Urteil vom 23. Juni 2010 – VIII ZR 256/09
    AG Mannheim - Urteil vom 7. November 2007 – 17 C 460/06
    LG Mannheim - Urteil vom 24. September 2008 – 4 S 189/07
    Karlsruhe, den 23. Juni 2010
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